Bunker-NRW

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Fotoalbum Marineartillerie 688

S4Mog

erfahrenes Mitglied
Ich habe in meiner Sammlung schon seit fast 20 Jahren ein Fotoalbum liegen, das von einem Kriegsteilnehmer hier aus dem Ort stammt.
Den Inhalt davon möchte ich euch nicht vorenthalten.

Dieses graue Fotoalbum im Querformat in annähernd Din A4 mit in goldfarbener Prägebedruckung gehaltenem Reichsadler und dem Schriftzug "Erinnerung an meine Dienstzeit" fand ich in einem alten Kotten zusammen mit vielen Nachkriegsfotos. Zwei Löcher im Einband lassen vermuten, dass sich darauf noch etwas anderes, evtl Metallenes befand. Dazu gehörend fand ich noch einige Feldpostkarten sowie ein Din A3 großes Erinnerunsbild an die Dienstzeit.

Gerade noch rechtzeitig dringewesen, denn davor stand schon der Bagger bereit, um das Häuschen abzureißen.



Zur Geschichte des Kameraden:

Der Herr Erich S., dessen Enkel noch hier im Ort leben, wurde nach Norderney zur Marineartillerie eingezogen, später nach Juist versetzt und war beim Einmarsch und der Besetzungszeit in Frankreich dabei und wurde nach der Invasion in der Festung Lorient eingeschlossen.
Das Kriegsende erlebte er in Lorient, wo er am 30.06.45 in Kriegsgefangenschaft im Lazarett verstarb.
Das Nachlassverzeichniss war bei diesem Fund ebenfalls dabei.

Die Fotos sind zumeist im zeittypischen Kleinformat 6 x 9 cm, einige wenige in 11 x 17 cm.
Viele Fotos sind noch mit dem typischen "Wellenschnittrand" versehen.
Auf einigen finden sich Zensurstempel oder handschriftliche Vermerke.
Fast alle Bilder waren säuberlichst mit Fotoecken eingeklebt, etliche lose eingelegt Fotos steckten noch in originalen Fototüten.

In den nächsten Tagen werde ich die Fotos in teilweise sortierter Folge einstellen und mit passenden Bemerkungen versehen.

Grüße, euer S4Mog
 
Soooo, denn wollnwamaa!

Um diesen Kameraden geht es:esl55.jpg

Eingezogen zur Grundausbildung zur Marineartillerie auf Norderney.
Warscheinlich Batterie Waterberg, dann Versetzung zur Batterie Kalfamer auf Juist.
Davon heute die ersten Bilder.
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Aber sicher!

Die Batterie beim Nachtschießenesl1.jpgesl3.jpgesl7.jpgesl44.jpg

Und so sa dass aus, was vor Norderney runterkamesl83.jpg

Fliegerseenotpäckchenesl69.jpg

Bunter Inselbilderbogen:

Stellung von der See ausesl17.jpg

Schiffe der Reederei "Frisia"esl18.jpgesl41.jpg
 

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Ein besonderes "Schiffchen" fand sich auch an, das irgendwie immer "zu schaffen hatte":

Fl.B 206 (Flugbetriebsboot)/O.Re 61esl8z.jpg

Dieses Boot war auf Norderney stationiert und unterstand eigentlich dem Kommando der Luftwaffe! Es war dazu bestimmt, die vor Norderney wassernden Flugboote an die Anleger zu schleppen. Darüber hinaus hatte es eine leistungsfähige Feuerlöschanlage an Bord, mit der auch Schaumlöschmittel verspritzt werden konnte. Zusätzlich auch für die Seenotrettung eingesetzt.

Ein paar technische Daten und kurzer Lebenslauf

Fl.B 206 (und fünf baugleiche Boote) wurde 1936 bei der Kröger-Werft in Warnemünde gebaut.
Länge 19m, größte Breite 3,95m, Tiefgang 1,20m, 25t Verdrängung, max 12,4 Knoten (ca 22 Km/h)schnell. 2 MWM 6-Zyl Diesel RSK20S mit zusammen 300 PSe. Besatzung 7 Mann.
Stahlrumpf in konventioneller Spantenbauweise.

Lebenslauf von Fl.B 206:
xx.xx.1935 Kiellegung bei der Kröger Werft, Rostock-Warnemünde, Bau Nr. 282
xx.01.1936 Ablieferung an RLM, stationiert im Hafen Norderney, Seenotbezirk Norderney
14.05.1942 Abgabe an Küstenschutzflotille "Ostland" (nur buchmäßig)
20.05.1942 Übername durch die Kriegsmarine, neue Kennung: O Re 61
danach Verlegung an die französische Kanalküste
xx.01.1945 Abgabe an die "Kleinkampfmittelflotille" als Fangboot für "U-Seehunde"
xx.05.1945 einsatzfähig vorhanden

Als Kriegsbeute an die Amerikaner ausgeliefert, bis 1949 noch bei der O.M.G.U.S. (Office of Military Gouvernment for Germany U.S.) als "Flußkanonenboot" im Einsatz.
Das weitere Schicksal ist unbekannt.

Quelle der techn.Daten: http://www.historisches-marinearchiv.de.
 
Weitere Bilder!

Hier eine Bilderfolge "Truppenbetreuung" mit Zivilisten
Artistische Vorführung von Kameraden, danach "betreutes Lenzen von Glasbehältern"esl16.jpgesl15.jpg
Im Inneren der festlich geschmückten Barrackeesl71z.jpgesl72z.jpg

Bilder vom Flugplatz Norderney:esl27.jpgesl30.jpgesl31.jpg
 

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@taunus: Danke, ich gebe mir Mühe!

Mehr davon?

Bitte, weiter gehts!

Der Kamerad Erich S. war nach der Grundausbildug dann auf Juist eingesetzt in der Batterie "Kalfamer".esl33.jpg

Die Batterie war Regimentstechnisch dem Artilleriregiment Norderney unterstellt und hatte die Aufgabe als Flankenschutz die Ostspitze von Norderney zu schützen.esl54.jpgesl24.jpgesl24.jpgesl29.jpg

Um nach Norderney, Juist und anderen Inseln zu kommen, war eine kurze Seefahrt von Norddeich aus nötig.
Die Schiffe der "Reederei Frisia" stellten die Verbindung her. Während es auf Norderney einen festen Hafen gab, wurde auf Juist an einem Anleger vor der Inselküste festgemacht. Den Weitertransport übernahm dann die Inselbahn, die ursprünglich für den zivilen Verkehr gedacht war. Der Anleger und die Strecke auf der Insel waren 1936 von der Wehrmacht für die zu erwartenden Militärtransporte verstärkt worden. Zur Batterie Kalfamer wurde ein eigenes Gleis gelegt. esl32.jpg

Im Winter 1939/40 wurden der Anleger und die Pfahljochstrecke durch Eisgang beschädigt.esl19.jpgesl20.jpgesl21.jpgesl23.jpgesl35.jpg
 
Freut mich!

Weiter gehts!

Nach der Besetzung der Niederlande wurden Teile der Marineartillerie von den Nordseeinseln abgezogen.
Unser Kamerad Erich S. wurde nach Groningen versetzt. Warscheinlich zur 6. Marine-Ersatz-Abteilung; möglich wäre auch die Flak-Artillerie-Abteilung 320.

Im Album findet sich eine Bilderserie von einer größeren militärischen "Veranstaltung", anscheinend ein Gelöbniss.
Die Bilder sind großformatig, 11,5 x 18 cm.esl90gz.jpgesl91gz.jpgesl92g.jpgesl93gz.jpgesl94gz.jpgesl95g.jpg

Dann erfolgte die Verlegung des Marine Flak Regiment 1 ins besetzte Frankreich nach Lorient. Unser Kamerad kam auf die Lorient vorgelagerten Inseln "Ile de Groix" oder "Belle Ile".

Die folgenden Bilder entstanden bei "Abstechern bei der Verlegung" und Ausflügen im besetzten Frankreich.
Bunkertrümmer, zerstörte Brücken, Besuch der "Weltkriegsgräber" in der Champagne sowie die Anlage neuer Gräberanlage nach der französischen Kapitulation finden sich im loser Folge.

Erich S. scheint mittlerweile im Besitz eines eigenen Fotoapparates zu sein, es finden sich auf den Bilderrückseiten keine Wehrmachtskontrollstempel mehr.
esl49.jpgesl50.jpgesl51.jpgesl52.jpgesl53.jpg

Link zum Denkmal Navarin:http://champagne1418.pagesperso-orange.fr/circuit/circuitsouain/navarin/navarin.htm#al

Anlegen eines neuen Soldatenfriedhofsesl60.jpgesl70.jpgesl73z.jpg
 
Und noch eine Fortsetzung!

Unser Kamerad Erich S. wurde im März 1943 von der 6. Marine-Ersatz-Abteilung zur neu aufgestellten Marine-Artillerie-Abteilung 688 versetzt.

Diese befand sich auf "Ile de Groix", einer der Bucht von Lorient vorgelagerten Insel.
Die alten Schiffsflak 8,8 L/45 waren auf Norderney/Juiszt verblieben, dafür gab es jetzt je Batterie 4 Stück
10,5 Flak C/32L in offener Ringstellung.
Diese waren für die Luftabwehr und die Verteidugung der Insel gedacht; denn dort stand als "Stallwache" die Großbatterie "Seydlitz". Die Hauptwaffen der Batterie "Seydlitz" bestand aus zwei Türmen des nicht fertiggestellten schweren Kreuzers gleichen Namens. Bitte nicht mit S.M.S. Seydlitz verwechseln!!!

In den Schiffstürmen befanden sich je zwei 20,3cm SKL/60, mit 37 km maximaler Reichweite die ideale Bewafnung als Torwache vor dem größten U-Boot Stützpunkt der Kriegsmarine in Nordfrankreich. Die anderen beiden Türme wurden auf die Ile de Re als Batterie "Karola" aufgestellt.

Von der Einsatzzeit bei der M.A.A. 688 sind im Album nur wenige Bilder enthalten, diese sind alle vor der Invasion entstanden und zeigen nur Manschaftsbilder.esl67.jpgesl68.jpg

Am 12.09.1944 wurde Lorient entgültig von der Landseite eingekesselt. Durch die starke Bewaffnung der vorgelagerten Inseln sahen die Alliierten von einer Besetzung der Inseln ab.
Da ab jetzt keinerlei Feldpost mehr nach Hause kam, wurde die Verbindung auf dem Funkwege aufrecht erhalten.

Die Grüße an die Heimat wurden in der Empfangsstation per Schreibmaschine auf Feldpostkarten geschrieben und auf den Postweg an den Empfänger geschickt.

Diese sind glücklicherweise erhalten geblieben, so dass ich euch die hier zeigen kann.eslp3bz.jpgeslp1.jpgeslp3a.jpgeslp2.jpg

Auf den FPK wird auch auf den "Kameradschaftsdienst" in dringenden Fällen hingewiesen. Ein solcher Fall wird wohl hier vorgelegen haben; Antwortschreiben der Reichsrundfunkanstalt vom 15.02.1945:eslp4az.jpgeslp4bz.jpg

Soviel für die Kriegszeit.
 
Durch diese Fotodokumentation hast Du daselbe für diesen Mann getan,wie ich für meinen Vater! Durch das Internet wird die Erinnerung
an diese Menschen nie sterben! Und gerade diese Einzelschicksale,finde ich,sind es wert!
Gruß Buddy
 
Die Festung Lorient und die vorgelagerten Inseln hielten sich bis zur bedingungslosen Kapitulation am 08.MAi 1945.

Auch Kamerad Erich S. hat den Krieg überlebt.

Die erste Nachricht geht per normaler Post an die Heimat:eslp5bz.jpgeslp5az.jpg

Eine gute Nachricht für die Verwandten in der Heimat!

Am 30.06.1945 verstirbt Obergefreiter Erich S. in französischer Kriegsgefangenschaft auf der Ile Groix.
Seine letzte Ruhe fand er oauf der Kriegsgräberstätte Pornichet, Block 9, Reihe 21, Grab xxx.

Erhalten ist sein Nachlassverzeichniss, das zusammen mit seiner persönlichen Habe seinen Eltern zugesandt wurde.eslq nachz.jpg
 
Zum Fotoalbum fand sich noch ein Erinnerungsbild an:005z.jpg


In Memoriam

Erich S.

*08.02.1921 +30.06.1945
esl46z.jpg



In stillem Gedenken aller Gefallenen und Vermissten des zweiten Weltkrieges

Euer S4Mog
 
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