Aufklärer schrieb:
Vielen Dank!!!! Werde mir den Bericht mal durchlesen.
Hallo, dann ist
das hier vielleicht auch sehr informativ für Dich. Viele Fotos aus dem Betrieb der Anlage, im Vergleich zu dem Leerstand vor dem Abriß und einem Link auf eine Veteranen-Seite aus Holland, mit noch viel mehr Fotos aus der Zeit, als die Anlage noch "scharf" war.
Ich kann mich noch gut an die drei Stationen erinnern, waren sie doch in den frühen 80er ein herrlicher Kinderspielplatz für uns Dorfkinder.
Die Feuerleitanlage an der Rhader Straße war damals noch viel größer als der jetzt dort befindliche Hundevereinsplatz. Und es gab eine Menge relativ hoher Hügel, auf denen vor dem Abzug der NATO die riesigen Radar-Anlagen standen. Bis auf diese Anlagen, der hohen Funkantenne und natürlich alles, was sich mitnehmen und demontierten lies war aber alles in den frühen 80er Jahren noch vorhanden, also zu meiner Kindheit. Wir Erler Dorfblagen kannten die Feuerleitstation aus dem Effeff, jeden unterirdischen Gang, jeden unterirdischen Raum und auch die oberirdischen Gebäude lagen immer da, wie frisch verlassen.
Jedenfalls bevor die Hooligans aus Dorsten und Umgebung sich die Feuerleitstelle und die Raketenabschußbasis "zu Eigen" machten und diese innerhalb weniger Wochen zerstörten und halb abgefackelt haben.
Der Feuerleitanlage hatte auch den Vorzug, das man wegen der vielen Hügel und der damals noch fantastisch in Ordnung gewesenen Wege dort super BMX fahren konnte. Von allen anderen Spielen a la "Fünf Freunde" und Co. ganz zu schweigen.
Natürlich war es illegal, sich dort aufzuhalten und von den Eltern strengstens verboten, aber wir waren Kinder und Jugendliche und was konnten wir schon dafür, das es an mehreren Stellen Löcher in den hohen Zäunen gab? ;-)
Noch viel besser als die Feuerleitanlage waren die Abschussanlage, tief im Wald gelegen, zu erreichen nur über eine breite Beton-Panzerstraße oder über Feldwege. Die war von der Größe her noch um Klassen besser als die kleine Feuerleitanlage. Überall gab es Bunker, Hochbunker mit Erde und Bäumen drüber. Man kann sich die Landschaft etwas wie Hobbingen im Herrn der Ringe vorstellen. Alles durchzogen von kurvigen Asphaltstraßen. Die großen Garagen, die Unterkünfte, die sanitären Anlagen, die Offiziersmesse...alles war damals noch da. Und mit viel von dem, was man bei der Abreise nicht mitnehmen konnte, die ganzen Holzvertäfelungen, die Theke in der Messe, die angeschaubten Barhoker, die Wandgemälde und Wappen. Alles andere war natürlich verschwunden.
Am unheimlichsten war für uns Steppkes die tiefen Bunker, in denen die Raketen gelagert wurden. Es gab ja kein Licht und die Tore standen offen aber die hätten wir niemals wieder aufbekommen, wenn die zugefallen wären. So schlau waren wird damals, das wir uns dort nur selten hineingetraut haben und wenn musste immer einer draußen bleiben, um Hilfe holen zu können. Denn es war nicht nur stockdunkel in diesen großen hallen, sondern es gab auch recheckige Löcher, wo die Steine, die man da reinschmiss ziemlich lange brauchten, bis sie im Wasser platschend auftragen.
Ansonsten kannten wir auch hier sämtliche unterirdischen Verbindungsgänge. Man konnte im Prinzip das ganze Gelände unterirdisch begehen und kam dann hier mal in einer LKW-Garage, dort mal an einer Bunkerseite oder sogar auf den Hügeln in versteckten, mit Beton ausgekleideten Überwachungsnestern heraus. Das waren noch tolle Zeiten, ich erinnere mich gerne dran. Immer den Duft der Kiefern- und Fichtenwälder und der Erler Heide in der Nase, die Sonne brannte vom Himmel und im Sommer war die ganze Dorfrasselbande eigentlich immer da, trotz Verbot. Und es ist auch nie viel passiert.
Nur zu den üblichen Herbst- und Frühjahrsmaneuvern gehörten die Anlagen wieder der NATO, dort wurde dann immer der Angriff und die Besetzung sowie das Halten der Stellung geübt. Lange Jahre gab es kaum ein Jahr ohne NATO-Truppen in unseren Bauernschaften, für uns Kinder immer ein tolles Erlebnis und das Dorf bekam alle paar Jahre neue Straßen.
Nach einem solchen Maneuver lag dort in einer LKW-Garage buchstäblich eine Tonne Plastikhülse von verschossener Übungsmonition herum, ein riesiger Berg oliver Plastikhülsen mit einem kreuzförmigen Loch in der Spitze. Und ein paar Paletten unbeschriftete Konserven mit einer erdbeerfarbene, bröckeligen Masse drin.
Als dann diverse Chaoten aus der Stadt Dorsten und später auch ein paar Punker sich dort breit machten und vieles zerstörten wurde das ganze dann nicht mehr so interessant, man konnte sich einfach nicht mehr sicher sein, alleine dort zu sein. Und im Falle der Raketenbasis war man einfach zu weit vom Dorf weg, falls da mal was passieren sollte.
Danach ist der Verfall sehr schnell gegangen, irgendwann gingen die Gelände wieder in den Besitz der Bundesrepublik über und dann an die Gemeinde, die Feuerleitanlage wurde komplett zurückgebaut und nur Teile des Zauns und das Erdgeschoss des Vereinsheims sind noch Zeugen der NATO-Zeit. Die Raketenanlage ist auch aller Gebäude beraubt worden und gehört nun jemanden, der dort seltene Rinder züchtet. Die Kasernen waren lange Zeit Erstauffanglager für Russlanddeutsche, dann ein paar Jahre Migrationszentrum vom Roten Kreuz und nachdem dort die Sicherheit durch die baufälligen Baracken nicht mehr gewährleistet werden konnte wurden diese abgerissen und das Areal zu Bauland erklärt.
Einzig die vielen Reihenhäuser, die rund herum für die Soldaten errichtet wurden sind weiterhin in Gebrauch.
Gruß
Westmünsterländer