Blockbuster
Mitglied
Bei Spaziergängen durch den Raderbroicher Busch sind mir immer wieder Betonpfosten um eine größere Lichtung aufgefallen. Meine Vermutungen gingen in die Richtung, dass es sich bei der Umzäunung dieses Geländes um ein Gefangenenlager oder eine Flak-Stellung aus dem Dritten Reich handeln könnte. Erst in diesem Sommer bin ich meinem „Forschungstrieb“ nachgegangen und habe eine Begehung des teilweise schwer zugänglichen Geländes vorgenommen. Neben der Suche nach Informationen aus dem Internet bin ich in Kontakt getreten mit dem Stadtarchiv Korschenbroich, dem Ordnungsamt Korschenbroich, dem Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung Düsseldorf, dem zuständigen Förster und Anwohnern.
Bei dem beschriebenen, ca. 9 ha großen, Gelände handelt es sich um die Munitionsausgabestelle 20/VI Raderbroich, ein heutiger Ortsteil der Stadt Korschenbroich. Dieses Munitionsdepot war eine Einrichtung der Luftwaffe, dem Luftgau VI unterstellt. Es hatte die wesentliche Aufgabe, umliegende Flakeinheiten mit Munition zu versorgen.
Die Anlage ist um 1936 errichtet worden. Dies ist das vermutete Baujahr für das Wachhäuschen. Hierbei wird deutlich, wie zügig die Kriegsvorbereitungen auch im zuvor entmilitarisierten Rheinland angegangen sind. Erst am 07. März 1936 ist die Wehrmacht in das Rheinland eingerückt.
Das Wachhäuschen und eine Splitterschutz-verstärkte Garage sind die einzigen erhaltenen Gebäude der Munitionsausgabestelle. Diese stehen an dem damaligen Zufahrtsweg. Das heutige Wohnhaus diente als Schreibstube und Unterkunft für das Militärpersonal. Zur Verteidigung war auf dem ursprünglichen Flachdach eine Flak installiert. Die Vorrichtungen sind heute noch erhalten. Decke und Außenwände bieten mit ihrer Betondicke ebenfalls Splitterschutz. Das Gebäude ist nicht unterkellert. Auffällig ist die betonierte Stelle vor dem Haus, die ein Betonfundament von 1,5 Meter Tiefe aufweist. Dieser wahrscheinliche Be- und Entladeplatz gab schweren LKWs die nötige Stabilität in dem sumpfigen Gelände.
In dem umzäunten Gelände waren elf oberirdisch angelegte Munitionsbunker, deren Betondicke aber nur Splitterschutz boten. Hier wurden 2 cm, 3,7 cm und 8,8 cm Flakgranaten gelagert sowie weitere Munition wie Panzergranaten, Gewehrmunition und Handgranaten. Deckungsgräben waren neben der Einzäunung und auf dem Gelände angelegt. Ebenfalls war ein Kabelschacht vorhanden. Von diesen Anlagen sind nur noch geringe Reste vorzufinden. Die Betonpfeiler der Umzäunung sind allerdings noch so zahlreich erhalten, dass man die Größe der Anlage genau eingrenzen kann.
Im Gegensatz zu anderen Muntionsausgabestellen war Raderbroich relativ weit von einem Gleisanschluss entfernt. Die nächsten Bahnhöfe, Korschenbroich und Kleinenbroich, mit der Munition angeliefert werden konnte, waren zwei bis drei Kilometer entfernt. „Hauptabnehmer“ der Munitionsausgabestelle dürften die in den benachbarten Orten Kleinenbroich, Willich, Osterath und Kaarst stationierten Flakabteilungen (II./4, 404, 322) gewesen sein. Aufgrund der Entfernungen zu den nächsten Depots (Moers-Rheinkamp Munitionsausgabestelle 21/VI, Düsseldorf-Eller Munitionsausgabestelle 15/VI und Gustorf Munitionsausgabestelle 19/VI) dürften noch weitere Flakeinheiten zum Einzugsbereich gehört haben.
Bombardierungen des Depots haben auch stattgefunden. Darauf deuten Bombentrichter in dem Gebiet. Ein Blindgänger einer Fünf-Zentner-Bombe wurde auf dem Gelände sichergestellt.
Die Anlage wurde von den Deutschen fluchtartig verlassen. Eine im benachbarten Herrenshoff durchziehende Munitionskolonne wurde am 1. März 1945 gegen 10 Uhr aus der Luft angegriffen. Munitionsbestände wurden aber nicht getroffen. Dieser Transport könnte mit der Aufgabe des Depots in Verbindung gestanden haben. Im Laufe des gleichen Tages wurde das gesamte Stadtgebiet Korschenbroichs von amerikanischen Truppen besetzt.
Wenig später nach der Besetzung übergossen die Amerikaner die Munition mit Benzin und lösten damit eine Sprengung der Anlagen aus. Drei Tage brannte das Gelände. In Gustorf sprengten die Deutschen bei ihrem Rückzug neben den Erftbrücken auch die im Bruchgelände liegende Munitionsausgabestelle. Wasser- und Stromzufuhr waren acht Tage unterbrochen.
Leider endet mit dem Jahr 1945 noch nicht die Geschichte dieser Einrichtung. Die gesprengten Bunker boten für die in Nähe wohnenden Kinder und Jugendlichen in den folgenden Jahrzehnten einen spannenden „Abenteuer“-Spielplatz. Obwohl 1951, in den 60er-Jahren und 1974 Munitionsbestände sichergestellt wurden, ereignete sich 1982 ein schwerer Unfall bei der Explosion einer Flak-Granate. Erst danach wurde das Gelände vom Kampfmittelräumdienst großflächig geräumt, eingeebnet und neu bepflanzt.
Quellen: Neben den oben angegebenen Ämtern/Personen: Martin Rüther: „Spätere Geschlechter können sich keinen Begriff machen!“, Ludwig Hügen: Der Krieg geht zu Ende, Lexikon der Wehrmacht.de, google maps, eigene (Ein-)Schätzungen
Ich hoffe, ich habe euch nicht erschlagen.
VG
Andreas
Bei dem beschriebenen, ca. 9 ha großen, Gelände handelt es sich um die Munitionsausgabestelle 20/VI Raderbroich, ein heutiger Ortsteil der Stadt Korschenbroich. Dieses Munitionsdepot war eine Einrichtung der Luftwaffe, dem Luftgau VI unterstellt. Es hatte die wesentliche Aufgabe, umliegende Flakeinheiten mit Munition zu versorgen.
Die Anlage ist um 1936 errichtet worden. Dies ist das vermutete Baujahr für das Wachhäuschen. Hierbei wird deutlich, wie zügig die Kriegsvorbereitungen auch im zuvor entmilitarisierten Rheinland angegangen sind. Erst am 07. März 1936 ist die Wehrmacht in das Rheinland eingerückt.
Das Wachhäuschen und eine Splitterschutz-verstärkte Garage sind die einzigen erhaltenen Gebäude der Munitionsausgabestelle. Diese stehen an dem damaligen Zufahrtsweg. Das heutige Wohnhaus diente als Schreibstube und Unterkunft für das Militärpersonal. Zur Verteidigung war auf dem ursprünglichen Flachdach eine Flak installiert. Die Vorrichtungen sind heute noch erhalten. Decke und Außenwände bieten mit ihrer Betondicke ebenfalls Splitterschutz. Das Gebäude ist nicht unterkellert. Auffällig ist die betonierte Stelle vor dem Haus, die ein Betonfundament von 1,5 Meter Tiefe aufweist. Dieser wahrscheinliche Be- und Entladeplatz gab schweren LKWs die nötige Stabilität in dem sumpfigen Gelände.
In dem umzäunten Gelände waren elf oberirdisch angelegte Munitionsbunker, deren Betondicke aber nur Splitterschutz boten. Hier wurden 2 cm, 3,7 cm und 8,8 cm Flakgranaten gelagert sowie weitere Munition wie Panzergranaten, Gewehrmunition und Handgranaten. Deckungsgräben waren neben der Einzäunung und auf dem Gelände angelegt. Ebenfalls war ein Kabelschacht vorhanden. Von diesen Anlagen sind nur noch geringe Reste vorzufinden. Die Betonpfeiler der Umzäunung sind allerdings noch so zahlreich erhalten, dass man die Größe der Anlage genau eingrenzen kann.
Im Gegensatz zu anderen Muntionsausgabestellen war Raderbroich relativ weit von einem Gleisanschluss entfernt. Die nächsten Bahnhöfe, Korschenbroich und Kleinenbroich, mit der Munition angeliefert werden konnte, waren zwei bis drei Kilometer entfernt. „Hauptabnehmer“ der Munitionsausgabestelle dürften die in den benachbarten Orten Kleinenbroich, Willich, Osterath und Kaarst stationierten Flakabteilungen (II./4, 404, 322) gewesen sein. Aufgrund der Entfernungen zu den nächsten Depots (Moers-Rheinkamp Munitionsausgabestelle 21/VI, Düsseldorf-Eller Munitionsausgabestelle 15/VI und Gustorf Munitionsausgabestelle 19/VI) dürften noch weitere Flakeinheiten zum Einzugsbereich gehört haben.
Bombardierungen des Depots haben auch stattgefunden. Darauf deuten Bombentrichter in dem Gebiet. Ein Blindgänger einer Fünf-Zentner-Bombe wurde auf dem Gelände sichergestellt.
Die Anlage wurde von den Deutschen fluchtartig verlassen. Eine im benachbarten Herrenshoff durchziehende Munitionskolonne wurde am 1. März 1945 gegen 10 Uhr aus der Luft angegriffen. Munitionsbestände wurden aber nicht getroffen. Dieser Transport könnte mit der Aufgabe des Depots in Verbindung gestanden haben. Im Laufe des gleichen Tages wurde das gesamte Stadtgebiet Korschenbroichs von amerikanischen Truppen besetzt.
Wenig später nach der Besetzung übergossen die Amerikaner die Munition mit Benzin und lösten damit eine Sprengung der Anlagen aus. Drei Tage brannte das Gelände. In Gustorf sprengten die Deutschen bei ihrem Rückzug neben den Erftbrücken auch die im Bruchgelände liegende Munitionsausgabestelle. Wasser- und Stromzufuhr waren acht Tage unterbrochen.
Leider endet mit dem Jahr 1945 noch nicht die Geschichte dieser Einrichtung. Die gesprengten Bunker boten für die in Nähe wohnenden Kinder und Jugendlichen in den folgenden Jahrzehnten einen spannenden „Abenteuer“-Spielplatz. Obwohl 1951, in den 60er-Jahren und 1974 Munitionsbestände sichergestellt wurden, ereignete sich 1982 ein schwerer Unfall bei der Explosion einer Flak-Granate. Erst danach wurde das Gelände vom Kampfmittelräumdienst großflächig geräumt, eingeebnet und neu bepflanzt.
Quellen: Neben den oben angegebenen Ämtern/Personen: Martin Rüther: „Spätere Geschlechter können sich keinen Begriff machen!“, Ludwig Hügen: Der Krieg geht zu Ende, Lexikon der Wehrmacht.de, google maps, eigene (Ein-)Schätzungen
Ich hoffe, ich habe euch nicht erschlagen.
VG
Andreas
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Karte aus de 30-40er Jahre; StA Korschenbroich.JPG57,6 KB · Aufrufe: 338
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