http://www.fr-online.de/bad-homburg/jagdhaus-der-familie-opel-verfall-einer-villa,1472864,5059236.html
Gerade nochmal nachgestöbert...
Vor kürzerer Zeit ist das Gebäude wohl nochmal beträchtlich zusammengefallen.
Als ich letztes Jahr mal da war hatte sich kaum etwas verendert,nur ein Zaun war im Begriff gebaut zu werden
Wenn die Anzeige Offline gehen sollte hier nochmal der Bericht:
Jenseits des Swimmingpools zieht ein Hirschkalb vorbei – ohne Argwohn. An den Besuchern des verwilderten Parks stört es sich nicht. Wo sich einst das Opel-Jagdhaus aus dem Taunuswald hob, hat die Natur wieder das Regiment übernommen.
Wie eine Schranke hat sich ein Baumstamm quer über die Einfahrt gelegt, der Zaun ist zerfallen, das Gebäude hinter Pflanzenwuchs verborgen. Mit der Erinnerung an alte Fotografien kommt man im Jahre 2011 nicht weit. Vor dunklen Fichten steht da ein Haus, herrschaftlich, mit viereckigem Turm und Veranda. Frauen in knielangen Kleidern, die Arme hinterm Rücken gekreuzt, schnauzbärtige Männer mit Wanderstock und Ballonmütze. Es wird Anfang der 1920er Jahre sein. Acht Jahre zuvor ließ Friedrich Opel auf den Fundamenten einer abgetragenen Jagdhütte seine Waldvilla bauen. Der Sohn des Opel-Gründers, „Fritz“ genannt, hatte die Anspacher Jagd 1909 gepachtet. Das neue Haus, weitab vom Dorf, wurde zum Mittelpunkt eines 1800 Hektar großen Imperiums.
All das ist vergangen. Längst ist der Jagdbezirk aufgeteilt, längst haben andere Männer das Erbe der Rüsselsheimer angetreten. Öd und leer präsentiert sich, was einmal Refugium und Passion war. Eingestürzt sind Wand und Wintergarten, die Böden im Haupthaus durchgebrochen, Risse überall. Nichts bietet Schutz vor Regen und Wind. Tapetenfetzen, zersplitterte Zierleisten. Küche und Kaminzimmer sind unter Schutt begraben, alle Einrichtungsgegenstände seit langem verschwunden. Nur der Turm hält sich wacker. Die alte Holztreppe ist ein Wagnis. Im oberen Raum haben sich irgendwann Menschen mit Spraydosen ausgetobt: Parolen und Obszönitäten bedecken die Wände, Gotchakugeln in allen Ecken.
Fritz Opel, der nach eigener Aussage weniger an der Jagd „als an der landschaftlichen Schönheit des Taunus“ hing, brachte Luxus nach Anspach: Aggregate für die Stromversorgung, Tankanlagen und Garagen, Wein und Dienstboten. Der Teppichboden sorgte für Aufsehen bei den Dorfbewohnern – so etwas gab es auf dem Land nicht. Der zum Gelände gehörende Teich wurde in einen Swimmingpool verwandelt, gespeist von kaltem Quellwasser.
In einem Nebengebäude mit Flachdach konnten Fahrzeuge eingestellt werden, der Chauffeur nächtigte in einem separaten Raum. Um die Aussicht in das Obere Aubachtal genießen zu können, richtete man einen Freisitz auf der nahen Felsklippe ein. Noch ist der aufwärts führende Pfad erkennbar, ein Eisengeländer bietet Halt. An verschiedenen Stellen wurde das Rohr vom Baumwuchs verschlungen. Was die Gründer damals pflanzten, überragt heute die Ruine um viele Meter. Aus fernen Ländern stammende Gewächse fanden hier Nährboden: Zypressen und Zedern, Tannen und Douglasien. Die Bäume umstehen wie mächtige Wächter die verlassene Stätte. In dem schwarzen Wasser des Pools spiegelt sich ein Bambushain, merkwürdige Pflanzen mit handtellergroßen Blättern. Im weiten Rund wächst Rhododendron – Überbleibsel des einstigen Parks.
1990 wollte Uli Pförtner eine Dokumentation über das Anwesen drehen. Der Filmproduzent, damals in Oberursel lebend, hat abgelichtet, was längst zerfallen ist: Veranda und Vorbau, die Haustür mit dem eingelassenen Buchstaben „O“. Er sah noch die Holzhütte, in der Hanna Reitsch nach dem Zweiten Weltkrieg wohnte. Heute sind davon nur die Fundamente auf dem ehemaligen Tennisplatz übriggeblieben. Der Dokumentarfilm kam nicht zustande – wenige Minuten des Materials schafften es 1995 in den „HR-Bilderbogen“.
Jahre später erkundete ein Architekt aus Groß-Umstadt während einer Objektbegehung das marode Gebäude. In dem Gutachten ist die Rede von Wassereinbruch, erschütterter Statik und dem „sehr schlechten Zustand“. Um das Haus „theoretisch“ noch zu retten, schlägt er „kurzfristige Sicherungsmaßnahmen“ vor. Ein Rat, der nie umgesetzt wurde. Heute ist alles Verfall. Geblieben sind die Hirsche, die wie vor Jahr und Tag durch die ausgedehnten Waldungen ziehen.