Hier nochmal eine andere Beschreibung und Geschichte zu dem Objekt
Im zwischen Prüm, Stadtkyll und Gerolstein gelegenen Eifler Kammerwald befinden sich zwischen den Gemeinden Duppach und Steffeln die ruinösen Überreste der nie fertiggestellten Adenauervilla – im Volksmund auch „Adenauerhaus“ oder „Camp Konrad“ genannt.
Die Villa war als Freundesgabe für Kanzler Konrad Adenauer (1876-1967, Bundeskanzler 1949-1963) gedacht und sollte diesem als Altersruhesitz, Jagd- und Gästehaus dienen. Wegen eines gewissen Geruchs nach Filz und Korruption und auch, weil der Altkanzler das Geschenk (deswegen?) nicht annehmen wollte, wurden die 1955 begonnenen Bauarbeiten bereits im Winter 1955/56 eingestellt.
Planung und Bau der Adenauervilla
Am 11. Juli 1955 wurde beim Landratsamt Prüm ein Antrag für den „Neubau eines Jagd-, Wochenend- und Gästehauses bei Duppach (Projekt LS 36/55)“ von einem gewissen Baurat Spennrath gestellt. Nur erstaunliche zwölf Tage später, am 23. Juli 1955, wurde die Baugenehmigung erteilt.
Den Planungen nach sollten auf dem etwa 2000 Quadratmeter großen und erhöht im Wald gelegenen Grundstück eine aufwendige dreistöckige Villa – ein Bungalow, der zum Hang hin in ein dreigeschossiges Wohnhaus übergehen sollte – mit insgesamt 600 Quadratmetern Wohnfläche, einem atombombensicheren Keller sowie einem Hubschrauberlandeplatz auf dem betonierten Flachdach entstehen. Große Fenster sollten viel Tageslicht herein lassen und eine gute Aussicht ermöglichen. Neben einem Kamin im Innern sollte ein zweiter Außenkamin an der überdachten Terrasse entstehen.
Familiäre und freundschaftliche Verflechtungen, Korruptionsverdacht
Über den oder die künftigen Bewohner und den Verwendungszweck des riesigen Gebäudes wurde vor Ort zunächst nur spekuliert – allmählich jedoch wurden auch durch die Presse Informationen öffentlich, die das Bauvorhaben in einem zunehmend anrüchigen Licht erscheinen ließen.
Bauantragsteller war niemand geringeres als der Regierungsbaurat a.D. Dr. Ing. Friedrich Spennrath (1888-1959), von 1950 bis 1957 Präsident der Industrie- und Handelskammer Berlin und zugleich von 1947 bis August 1955 Vorstandsvorsitzender der „Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft“ (der 1996 aufgelösten AEG Aktiengesellschaft). Als dann auch noch bekannt wurde, dass der seit 1954 mit der Adenauer-Tochter Lotte (*1925) vermählte Architekt Heribert Multhaupt zusammen mit dem Kölner Architekten Horst Mathow die Planung und Bauleitung innehatte, wurde aus dem zunächst „AEG-Villa“ genannten Bauwerk rasch die „Adenauervilla“.
Vor allem aber die freundschaftliche Verbundenheit von Friedrich Spennrath und Konrad Adenauer stellte sich als problematisch dar. Dass der „Großkapitalist“ Spennrath vom SED-Generalsekretär Walter Ulbricht (1893-1973) als „Vertreter der aggressivsten Kreise des Monopolkapitals und des Junkertums“ bezeichnet wurde, konnte dieser wohl – so wie es auch Adenauer bei ähnlichen Schmähungen tat – als nicht ungewöhnlich für die frühe Zeit der deutschen Teilung verschmerzen.
Die persönliche Nähe zweier wichtiger Persönlichkeiten der Nachkriegsgeschichte – des Regierungschefs Adenauer und des Wirtschaftsführers Spennrath – wurde jedoch auch in der Bundesrepublik kritisch beobachtet. So kommentierte das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL bereits ein Jahr zuvor unter süffisanter Aufzählung sämtlicher Funktionen Spennraths die Quartierswahl Adenauers, der bei einem Berlin-Besuch Gast in dessen Grunewald-Villa war:
„Diese Villa (…) war taktisch schlecht gewählt, denn sie gehört dem Baurat Dr.-Ing. Friedrich Spennrath, der Vorsitzender des Vorstandes der AEG ist (… hier folgt die Aufzählung acht weiterer Funktionen, Verf. …) Der ostzonalen Propaganda wird es dadurch leicht gemacht, Adenauer erneut als „Knecht der Industrie-Barone“ zu schmähen.“ (DER SPIEGEL 1954)
Baustopp und weitere Geschichte
Nachdem Architekt Mathow schließlich zugegeben hatte, dass die entstehende „AEG-Villa“ eigentlich als Geschenk für Konrad Adenauer gedacht war und die Presse über das Vorhaben offen als Korruptionsfall berichtete, wurden die Bauarbeiten im Winter 1955/56 umgehend eingestellt.
Obgleich „dem Alten das teure Geschenk ein allzustarkes Filz-Aroma hatte“ und Adenauer „die Freundesgabe ausschlug“ (http://www.roscheiderhof.de" onclick="window.open(this.href);return false
, ist bis heute nicht vollständig geklärt, inwieweit (und ab wann) der Kanzler über die Planung der Villa Bescheid wusste. Auch Archivalien aus dem Adenauer-Nachlass – darunter Briefe, in denen die Villa erwähnt wird – lassen diesbezüglich keine endgültige Klärung zu.
Immer wieder ins Vergessen geraten, wird die Adenauervilla dennoch regelmäßig von Neugierigen aufgesucht, die sich für die Spuren der Anlage und die mit ihr verbundene besondere Episode der deutschen Nachkriegsgeschichte interessieren, einem „Schildbürgerstreich aus den frühen Tagen unserer Demokratie“ (http://www.rundschau-online.de" onclick="window.open(this.href);return false; 2009).
Vermutlich nicht wenige der heutigen Besucher wurden wohl durch das 1998 erschienene Buch „Eifel-Jagd“, einem der populären Eifel-Krimis von Jacques Berndorf, auf die Villa aufmerksam gemacht. In der Kriminalgeschichte erklärt der Förster Hommes dem Ermittler Siggi Baumeister den Bau:
„Das also ist das sogenannte Adenauer-Haus. (…) Der Bau wurde ungewöhnlich rasch genehmigt und ebenso rasch hochgezogen. (…) Der Alte hat den Bau hier nie gesehen. Komisch ist, daß das Haus fast fertiggestellt und trotzdem sehr wenig weggetragen wurde, während es einsam vor sich hin verrottete. Normalerweise können die Eifler alles gebrauchen, aber hier ließen sie sogar die Heizkörper, den Ölofen und die Fensterrahmen unangetastet, es war eben für den ollen Konrad gedacht gewesen, und den beklaut man nicht.“ (Berndorf 1998, S. 232-233)
Heutige Situation
Die Ruine der Adenauervilla liegt sehr versteckt in der Waldflur „Auf Steinheld“ (Flurnummer 1). Der Bau ist aus verschiedenen Richtungen über Waldwege zu erreichen, entzieht sich jedoch bereits den Blicken, wenn man sich weniger als 30 Meter entfernt befindet (geographische Koordinaten: lon 6.53092488164, lat 50.2701131057 / 50° 16' 12.51" N, 6° 31' 51.09" E, nach http://www.geoportal.rlp.de" onclick="window.open(this.href);return false
. Von der ursprünglich einmal intendierten guten Aussicht über die Eifelhöhen ist nichts zu erkennen – zu sehr ist die Villa inzwischen von allen Seiten zugewachsen.
Der fertige Rohbau, überwiegend aus Backsteinen errichtet, präsentiert sich als immer noch imposante Ruine, auch wenn diese heute einen eher „trostlosen Anblick (bietet). Hier bricht ein Kamin zusammen, dort hält sich eine windschiefe Mauer. Moose und Algen erobern die Wände, dicke Rostschichten halten Reste der Metallträger zusammen“ (http://www.rundschau-online.de" onclick="window.open(this.href);return false; 2009). Die ursprünglich geplante Raumaufteilung des Gebäudes lässt sich nur noch erahnen, der Rohbau erlaubt heute keine weitergehenden Schlüsse mehr.
Die Erkundung des frei zugänglichen Gebäudes ist indes nicht ungefährlich: In den Geschossböden befinden sich große Löcher, die Treppenaufgänge sind verfallen, im Kellerbereich herrscht weitestgehend Dunkelheit und der aufgebrochene Stahlbeton mit den offenen Armierungseisen birgt eine nicht unerhebliche Verletzungsgefahr. Neben einer Taschenlampe sollte man also festes Schuhwerk und eine stabile Kopfbedeckung (Bauhelm o.ä.) tragen, wenn man die Adenauervilla erkunden möchte.
(Franz-Josef Knöchel, 2012)
Quelle:
http://www.kuladig.de/Objektansicht.aspx?extid=O-13604-20110719-4