Interesante Sätze aus der Hp, die ich gefunden habe:
In diesem Teil des Sauerlands zwischen Balve, Hemer und Menden gibt es in fast jedem Berg eine Höhle. Meist natürlichen Ursprungs, oft von Menschenhand geschaffen, doch „Schwalbe 1” macht eine Ausnahme. In dem Tunnelgewirr aus über 30 meterhohen Stollen sollte kein Erz abgebaut, hier sollte produziert werden. Für den Führer, für den Endsieg. Eine unterirdische Raffinerie riesigen Ausmaßes, synthetisch hergestellter Kraftstoff, Lebenssaft für Hitlers Armeen. Doch so weit kommt es nicht. Die Alliierten machen mit ihrem Einmarsch im Sauerland im April 1945 dem Spuk ein Ende.
Stollen 7L ist der Ausgangspunkt der Reise in den Berg. Er ist einer von rund 30 Höhlen, die die Nazis im Hönnetal in den Fels trieben.
Fast alle Stollenzugänge sind schon Mitte der 1960er Jahre mit Steinbruchmaterial zugeschoben worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte man aber auch schon einen Großteil der Steilwand über den Stolleneingängen zur Kalkgewinnung abgetragen. Das Gelände ist heute durch einen - teilweise mit Nato-Stacheldraht gesicherten - Zaun (Übungsgelände für Polizeieinheiten, verwaltet von der LAFP NRW in Selm) gesperrt. Neben dem durch den Zaun gesicherten Bereich gibt es einen südöstlichen Stollenteil (beim Bau die Stollen 17-20), der durch den Steinbruchbereich durchschnitten wurde und heute durch eine Tür (mit Telefon-Nummer, unter der man Infos bekommt) gesichert ist.
Überall liegen Überreste der Bauarbeiten herum, vieles ist aber auch erst nach dem Krieg in die Stollen gekippt worden.
Im September 1944 fällt der Startschuss für „Schwalbe 1”. Die Alliierten haben deutsche Raffinerien als Ziele erkannt, die Achillesferse der Rüstungsproduktion. Ohne Sprit rollen keine Panzer, fliegen keine Flugzeuge. Doch die deutsche Reichsführung reagiert, gibt Pläne für unterirdische Fabriken in Auftrag. Im Schutz von Fels und Berg sollen Raketen gebaut, Treibstoff hergestellt und Panzer zusammengeschraubt werden.
An den Wänden von Stollen 1R schimmert Kalkspat. „Schwalbe 1” befindet sich auch auf dem Gelände eines Kalkwerkes, das perfekte Versteck für eine unterirdische Fabrik. Riesige Rohrleitungen bahnen sich ihren Weg vom Stolleneingang in das Innere des kilometerlangen Höhlengewirrs. „Damit wurde Frischluft in die Stollen gepumpt”, sagt Horst Klötzer. Überall finden sich Überbleibsel der Baumaßnahmen. Eine alte Ölkanne rostet seit Jahrzehnten vor sich hin, abgebrochene Bohrgestänge stecken in den Wänden, eine verwaiste Lore steht an einem Stollenende. Viel ist nicht mehr übrig. „Hier ist alles rausgeholt worden, was nicht niet- und nagelfest ist”, sagt Horst Hassel. Das Metall der Gleise, die eisernen Schwellen – nach dem Krieg kostbares Gut. Den Rest besorgen die „Mauerspechte”, wie Hassel und Klötzer sie nennen – Militaria-Sammler, Neugierige, die die Anlage auf eigene Faust erkunden.
Schwalbe, Kuckuck, Dachs und Meise: Bei der Namensgebung zeigt sich Hitlers Organisation Todt, in deren Händen die Rüstungsproduktion des Reiches liegt, erfinderisch. Unzählige unterirdische Produktionsstätten entstehen in Deutschland, die wohl bekannteste ist Dora-Mittelbau bei Nordhausen in Thüringen. Hier wird Hitlers V2-Rakete gebaut. Im Hönnetal soll Flugbenzin hergestellt werden für eine weitere „Wunderwaffe” der Nazis, die ME 262, den ersten serienreifen Düsenkampfjet der Welt. Möglich machen soll das der rücksichtslose Einsatz tausender Zwangsarbeiter, verschleppt aus der Ukraine, aus Polen und Russland. Rund um die Baustelle entstehen Lager, am nahen Bahnhof „Sanssouci” kommen immer neue Gefangenentransporte an.
Hassel und Klötzer lassen die Geschehnisse in der „Schwalbe” nicht los. Sie haben die Höhlen vermessen, kartiert, fotografiert, in Archiven recherchiert und die Ergebnisse ins Internet gestellt. „Damit das hier nicht in Vergessenheit gerät”, sagt Klötzer. „Ich bin sogar in die Ukraine gefahren, habe mit ehemaligen Zwangsarbeitern gesprochen, die im Sauerland eingesetzt wurden”, sagt Hassel.
Eine 350 Mann starke Abteilung der 116. Panzer-Division (1. Kompanie, Werkstatt, Feldpost-Nr. 12365) taucht unter ihrem Führer, Oberleutnant Bultmann, am 6. April 1945 im Steinbruch Emil I auf und richtet in Stollen der Schwalbe eine Panzerwerkstatt ein (Quelle: StA Menden, Fa. Köthenbürger, Mag.-Nr.1573, o. Pag.). Laut RWK-Chronik ist erst zwei Tage später, am 8. April, eine Reparaturwerkstatt für Panzerfahrzeuge im Schwalbe-Stollen eingerichtet worden. Am 11. April seien die "Windhunde" unter Artilleriebeschuss wieder abgezogen (den Namen "Windhunde" hatte die Panzer-Division von der Windhündin "Sascha", die ihnen 1942 in der Kalmücken-Steppe zugelaufen war). Am 24./25.03 heißt es in der Division-Chronik u. a.: "Wieder Einsatz der Division im rheinischen Gebiet, bis am 16.04.1945 die Division nach Ausfall aller Panzer, nach Verschuss aller Artilleriemunition, nach Aufreibung der Panzergrenadiere und nach dem ein Ausbruch ausgeschlossen oder auch in kleineren Gruppen infolge der Entwicklung der gesamten Lage unmöglich geworden war, ehrenvoll im Ruhrkessel bei Iserlohn kapituliert."
Am gleichen Tag, als die "Windhunde" in "Schwalbe" einrückten, richtete man in Hüingsen die Panzer-Reparaturwerkstatt Schilling (benannt nach ihrem Führer Oberleutnant Schilling) ein. Am 12. April 1945 rückten dort die Werkstattleute wieder ab (StA Menden, Fa. Köthenbürger, Mag.-Nr.1573).
Als Grundstückseigentümer, Nachbar und aktiver Partner beim Bau der Schwalbe-Stollen waren die Rheinisch-Westfälischen-Kalkwerke in das Bauvorhaben eingebunden. Werksdirektor Dipl.-Ing. F. Plank erstellte im Jahre 1977 aus den Unterlagen im Archiv der Kalkwerke eine kleine Zeittafel über das Geschehen im Steinbruch Emil 1:
27. Juli 1944 Große Geheimbesprechung zum Thema "Hydrieranlage im Steinbruch Emil".
15. August 1944 Nachmittags besucht Dipl.-Ing. Müller-Kraus von der Organisation Todt (OT) mit Vermessungsingenieur H. die Kalkwerke und besichtigen den Steinbruch "Emil 1".
16. August 1944 Dipl.-Ing. Müller-Kraus tummelt sich mit Vermessungsingenieuren im Steinbruch "Emil 1".
17. August 1944 Um 8.30 Uhr findet ein Gespräch mit dem Lendringser Bürgermeister, dem Kreisbaumeister und dem Amtsbaumeister statt. Das Thema: Nutzung vorhandener Unterkünfte und Herstellung neuer Unterkünfte für die erforderlichen Arbeitskräfte.
19. August 1944 Die OT-Bauleiter Berneker und Baurat Dürsch erkunden im Gespräch mit den RWK, welche Bagger die Kalkwerke für die Schwalbe-Arbeiten zur Verfügung gestellt werden können.
6. September 1944 Zwangsverpflichtung von Frl. R. zur OT. In der vorausgegangenen Woche wurde ein Massenlager für Gefangene im Hönnetal errichtet (Sanssouci). Der Aufenthaltsraum im Steinbruch "Emil 1", Grünes Haus, wird für die OT-Bauleitung erweitert.
Februar 1945 Tieffliegerangriffe mit Bordwaffenbeschuss und Bombenabwürfen.
16. März 1945 Stromausfall, der Betrieb im Steinbruch steht.
19. März 1945 Erneut Stromausfall. Wieder muss der Betrieb eingestellt werden.
25. März 1945 Sämtliche ausländischen Arbeitskräfte werden entlassen.
29. März 1945 Ab 15.45 Uhr wird die Stromlieferung auf 15 kWh beschränkt.
8. April 1945 In einem der Schwalbe-Stollen wird eine Reparaturwerkstatt für Panzerfahrzeuge eingerichtet (richtig: Am 6. April 1945 taucht eine 350 Mann starke Abteilung der 116. Panzer-Division "Windhunde" (1. Kompanie, Werkstatt) unter Oberleutnant Bultmann in Oberrödinghausen auf).
11. April 1945 Die "Windhunde" ziehen ab. Artilleriebeschuss.
14. April 1945 Um 11 Uhr ziehen amerikanische Truppen ins Hönnetal ein.
15. April 1945 Das Werkleiterhaus muss für amerikanische Soldaten geräumt werden.