Führungsanlage K20: Der Bundesratsbunker in der Nähe von Kandersteg dient als unterirdischer Regierungssitz im Krisen- und Katastrophenfall.
Ein Glück, ist der Kalte Krieg seit zwanzig Jahren vorbei. Sonst hätte der Bundesrat gestern wohl ein milliardenteures Bauprojekt in Auftrag geben müssen.
Denn seit Dienstagmorgen wissen potenzielle Feinde der Schweiz, wo sich eines der grossen Prestigeobjekte unserer Regierung befindet: der Bundesratsbunker – die sogenannte «Führungsanlage K20».
Sie liegt in der Nähe von Kandersteg BE. Das ist zwar schon länger kein Geheimnis mehr. Doch die deutsche Webseite «Spiegel Online» veröffentlichte gestern auch gleich die genaue geografische Länge und Breite des Baus.
Falls die Russen also noch Wert darauf legen: Jetzt wissen sie genau, wohin sie zielen müssen.
Dabei war der Bunker einst geplant als Geheimversteck für den Regierungsapparat. Kostenpunkt: gut 250 Millionen Franken.
Bundesräte, Amtschefs, militärischer Stab – und wer sonst noch als unentbehrlich galt – hätten sich im Krieg in den Berner Alpen verkriechen können. Bis zu tausend Leute wären hier sicher gewesen vor atomarer, biologischer oder chemischer Verseuchung. Wenigstens für ein halbes Jahr.
Doch seit der Ostblock die weisse Fahne gehisst hat, klappt das mit der Geheimhaltung nicht mehr so ganz. Der «Spiegel»-Artikel ist nur der jüngste Medienbeitrag mit Bildern und Fakten über K20.
Die Reaktion des Bundes: betonte Gelassenheit. «Erstens kommentieren wir Medienbeiträge nicht», sagt Hansruedi Moser, Informationschef der Bundeskanzlei. «Und zweitens ist die Lage des Bunkers doch schon längst bekannt.»
Wirklich? Auch seine genauen Koordinaten? «Die kommentieren wir auch nicht», sagt Moser bloss.
Das heisst, die Bundeskanzlei will nicht bestätigen, ob die Zahlen stimmen. Auch gegen den in der Schweiz lebenden «Spiegel»-Journalisten will sie nicht vorgehen – obwohl der Bau weiterhin militärischer Geheimhaltung unterliegt.
Noch vor wenigen Jahren war die Regierung weniger grosszügig: 2003 verriet der SonntagsBlick Details über einen Luftwaffen-Bunker in Buochs NW und zeigte Bilder aus dessen Innenleben. Der Reporter wurde vor Gericht zitiert – und in dritter Instanz zu 20 Tagen Gefängnis bedingt verurteilt.
Anderen Kollegen erging es nur wenig besser: Als ein Reporter der «Basler Zeitung» über den Bundesratsbunker schrieb, musste er beim Militär antraben – zur «Ermahnung». Und ein «Weltwoche»-Journalist, der den Berner Regierungsbunker verriet, wurde 2004 von den Militärrichtern gebüsst.
Doch inzwischen scheint der Bundesrat zermürbt zu sein. Gegen die deutschen Ausplauderer will er nicht mehr vorgehen. Warum auch: Die teure Anlage erfülle ja ihre Schutzfunktion, sagt Bundesratssprecher Oswald Sigg. «Und im Rahmen ziviler Aufgaben muss sie nicht unbedingt geheim sein.»
Ein Pech zwar, dass ihr Standort jetzt im Internet steht. Aber vielleicht schauen die Schurkenstaaten ja nicht nach.
Quelle: http:// http://www.blick.ch/news/schweiz/bundesrats-bu ... aten-98902