Torsten
erfahrenes Mitglied
Das RAD-Lager 6/205 Auf dem Spitt
Das Gesetz über die allgemeine Dienstpflicht für Männer vom 26. Juni 1935 schuf die Grundlage für den „Reichsarbeitsdienst“ (RAD) im NS-Staat. Er trat die Nachfolge des bereits 1931 geschaffenen Freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD) an. Die Arbeitspflicht galt für Jugendliche ab 18 Jahren.
Für junge Frauen wurde am 1. April 1936 ein freiwilliger Arbeitsdienst geschaffen. 1939 führten die NS-Machthaber das Pflichtjahr für Frauen ein. Die Dienstzeit
der jungen Männer betrug ein halbes Jahr. Sie hießen offiziell „Arbeitsmänner“, die Frauen „Arbeitsmaiden“. Zu den Aufgaben des RAD zählten „Kultivierungs-arbeiten“ (Erd- und Forstarbeiten, Moorkultivierung), der Bau von Straßen und Autobahnen, Hilfsdienste bei der Wehrmacht (Errichtung des Westwalls) oder in Haushalten (Frauen). 1935 arbeiteten 200.000 Männer im RAD, 1939 waren es 350.000. Während des Krieges wurden Männer im Anschluss an den Arbeitsdienst zur Wehrmacht gezogen, Frauen zum Kriegshilfsdienst.
Die ersten Maßnahmen in Fröndenberg verzeichnet das Stadtarchiv für Februar 1934. Es ging um die „Nachbesserung von Kulturen“. Verantwortlich war die Arbeits-gauleitung Westfalen-Süd in Dortmund. Träger war das Amt Fröndenberg.
Im April 1934 plante der Kreis Unna ein Stammlager des FAD. Die Wahl fiel auf Fröndenberg. Bürgermeister Gustav Hohendahl schlug ein Grundstück an der Grenze zwischen Frömern und Fröndenberg, Zufahrt Auf dem Spitt, vor.
Der Arbeitsgau Westfalen-Süd war einverstanden. Fröndenberg befürwortete die Pläne: „Das Amt Fröndenberg hat an der Errichtung dieses Lagers ein grosses
Interesse, weil für die Insassen des Lagers die Lebensmittel im Amtsbezirk Fröndenberg gekauft werden sollen.“ Es sollte mit 216 Männern belegt werden. Der Arbeitsdienst wollte es aber nur dann errichten, wenn die Gemeinde die Kosten für Vorarbeiten wie Herstellung der Fundamente für die Baracken, Wasser-
leitung, Kanalisation, Lichtleitung in Höhe von 15.000 Reichsmark übernahm. Der Arbeitsdienst wollte die Kosten in drei Jahren zurückzahlen. Kreis Unna und Amt Fröndenberg waren einverstanden. Sie zahlten je die Hälfte der Summe und teilten sich auch die Pacht für das Gelände. Die Gemeindewerke Fröndenberg legten Strom- und Wasserleitungen. Das Geld wurde aus dem Wohlfahrtsetat entnommen. Fröndenberg beschloss am 20. November 1934 ferner, die Hälfte der Pacht zu übernehmen.
Vertreter der Gemeindewerke und des Arbeitsdienstes trafen sich am 26. November 1934 in der Wirtschaft Kötter in Frömern zur Besprechung. 1935 bestand das Lager aus acht Gebäuden, drei Mannschaftsbaracken, einem Verwaltungsgebäude, der „Wirtschaftsbaracke“ (Küche und Speisesaal), der Waschbaracke, einem Wasserbehälter und dem „Abortgebäude“, das sich östlich etwas außerhalb des Lagergeländes befand.
Im November 1936 war Unterfeldmeister Hans Heublein Verwalter des Reichsarbeitsdienstlagers 6/205 in Frömern. Auch in Rhynern entstand ein Arbeits-
dienstlager. Im Frühjahr 1938 plante der Reichsarbeitsdienst eine Erweiterung des Lagers. Der Landrat erreichte nach langen Verhandlungen mit dem Grund-eigentümer Schulze-Westick, dass der RAD zwei weitere Morgen Land erhielt. Geplant war unter anderem die Einrichtung eines Schießstandes.
Hier die Vorbereitung auf den Vernichtungskrieg, dort Kultur: Ab Mitte der 1930er Jahre organisierte der RAD in Fröndenberg Kulturveranstaltungen. Im Januar 1940 sangen „Arbeitsmaiden“ bei einem Kameradschaftsabend der NSDAP in Frömern. Später hatte der RAD in Frömern auch ein eigenes kleines Orchester, das bei Veranstaltungen auftrat.
Im Oktober 1940 berichtet eine Lokalzeitung: „Auszug und Einzug im Arbeitslager Fröndenberg. In der vergangenen Woche nahmen die Maiden des Arbeits-dienstlagers Fröndenberg Abschied. Zu den Bauern, bei denen sie gearbeitet hatten, herrschte ein gutes Verhältnis.“ Am 3. Oktober 1940 rückte der Jahrgang 1922 ein. „Arbeitsmaiden“ waren nicht nur bei Bauern, sondern auch in Haushalten kinderreicher Familien tätig.
Während des Krieges hatte der Reichsarbeitsdienst im Jahr 1943 einen Großeinsatz nach der Möhnekatastrophe, als in Fröndenberg und Umgebung umfang-
reiche Aufräumungsarbeiten geleistet werden mussten.
Nach dem Einmarsch der US-Truppen ab dem 10. April 1945 wurden die Baracken des RAD-Lagers und die kurz vor Kriegsende in der Nähe entstandenen Behelfsheime mit sowjetischen Zwangsarbeitern belegt. Sie blieben bis August 1945.
Amtsbürgermeister Clemens (Fröndenberg) plante nach ihrem Abtransport im August 1945, das RAD-Lager in ein Erholungsheim für Kinder aus dem zerstörten
Dortmund umzuwandeln. Die Kirchen sollten die Trägerschaft übernehmen. Der Landrat teilte am 12. September 1945 mit, dass die Militärregierung in Frömern drei Standorte zur Belegung mit Evakuierten aus dem Ruhrgebiet freigegeben hatte, darunter auch das ehemalige RAD-Gelände. Dort war theoretisch Platz für 400 Personen. Aber aus den Plänen wurde nichts.
Bürgermeister Clemens vermerkte am 21. September 1945, dass das Toilettengebäude bis auf die Dachkonstruktion völlig zerstört war. Erneuert werden mussten dort Wände, Türen, Fenster, Toilettensitze und Beleuchtung. In der Küchenbaracke hatten die Briten den Kamin und den Herd demontiert und abtransportiert. An allen Küchenschränken fehlten die Rückwände. Abflüsse von Spülbecken und Wasserleitung waren zerstört, der Fußboden teilweise aufgebrochen. Im Speisesaal und in verschiedenen Wohnbaracken fehlten ca. 20 Fensterflügel und mehrere Öfen. Die Warmwasseranlage mit Dusche und Wascheinrichtung war beschädigt. Die Trinkwasserversorgung war seit längerem unterbrochen. Zwei Baracken waren noch nicht gesäubert. In sämtlichen Baracken fehlte ein großer Teil der Fenster-scheiben. Dächer waren teilweise undicht und mussten geteert werden. Die gesamte Lichtanlage war zerstört. Im September 1945 hatten Besatzungsgruppen das Lager behelfsmäßig desinfiziert. Britische Soldaten hatten jedoch fast alle Einrichtungsgegenstände (Betten, Spinde, Tische etc.) abtransportiert. Ein Teil des Mobiliars war vor den Baracken verbrannt worden. Bürgermeister Clemens ordnete zwar am 15. Oktober 1945 Aufräumarbeiten an, aber der britische Kommandant lehnte eine Belegung wegen des schlechten baulichen Zustandes und der Verseuchung durch Ungeziefer ab.
Es ging hin und her. Am 17. Oktober teilte Landrat Moenikes mit, das Lager stehe nun wieder zur Verfügung. Am 2. November 1945 schreibt Bürgermeister Clemens, dass die Briten zwei Baracken abgerissen hatten. Die anderen befanden sich weiter in einem schlechten baulichen Zustand. Hinzu kam, dass die deutsche Bevölkerung wegen Brennstoffmangels die Baracken planmäßig abbrach. Zur Instandsetzung fehlte es an Holz und Glas. Trotz Desinfizierung waren die Baracken weiterhin „total verwanzt“. Unter diesen Umständen war eine Belegung mit Obdachlosen oder Kindern unmöglich. Und das, obwohl die britische Militärregierung am 1. September 1945 einen Aufseher für das Lager in einem der Behelfsheime einquartiert hatte.
Die theoretische Aufnahmefähigkeit des Lagers war bis Anfang 1946 auf 200 Kinder gesunken. Das Finanzamt in Hamm verwaltete es mittlerweile. Durch Diebstahl sowie mehr oder weniger legale Entnahme wurde das Arbeitsdienstlager nach und nach zerstört. Zudem verkaufte die Fröndenberger Amtsverwaltung ohne Zustimmung des Finanzamts Bestandteile des Lagers an Privatleute. Schließlich wurde es im Sommer 1946 abgerissen. Später entstand auf dem Gelände eine Gärtnerei.
(Quelle: Haarstrangbote)
Das Gesetz über die allgemeine Dienstpflicht für Männer vom 26. Juni 1935 schuf die Grundlage für den „Reichsarbeitsdienst“ (RAD) im NS-Staat. Er trat die Nachfolge des bereits 1931 geschaffenen Freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD) an. Die Arbeitspflicht galt für Jugendliche ab 18 Jahren.
Für junge Frauen wurde am 1. April 1936 ein freiwilliger Arbeitsdienst geschaffen. 1939 führten die NS-Machthaber das Pflichtjahr für Frauen ein. Die Dienstzeit
der jungen Männer betrug ein halbes Jahr. Sie hießen offiziell „Arbeitsmänner“, die Frauen „Arbeitsmaiden“. Zu den Aufgaben des RAD zählten „Kultivierungs-arbeiten“ (Erd- und Forstarbeiten, Moorkultivierung), der Bau von Straßen und Autobahnen, Hilfsdienste bei der Wehrmacht (Errichtung des Westwalls) oder in Haushalten (Frauen). 1935 arbeiteten 200.000 Männer im RAD, 1939 waren es 350.000. Während des Krieges wurden Männer im Anschluss an den Arbeitsdienst zur Wehrmacht gezogen, Frauen zum Kriegshilfsdienst.
Die ersten Maßnahmen in Fröndenberg verzeichnet das Stadtarchiv für Februar 1934. Es ging um die „Nachbesserung von Kulturen“. Verantwortlich war die Arbeits-gauleitung Westfalen-Süd in Dortmund. Träger war das Amt Fröndenberg.
Im April 1934 plante der Kreis Unna ein Stammlager des FAD. Die Wahl fiel auf Fröndenberg. Bürgermeister Gustav Hohendahl schlug ein Grundstück an der Grenze zwischen Frömern und Fröndenberg, Zufahrt Auf dem Spitt, vor.
Der Arbeitsgau Westfalen-Süd war einverstanden. Fröndenberg befürwortete die Pläne: „Das Amt Fröndenberg hat an der Errichtung dieses Lagers ein grosses
Interesse, weil für die Insassen des Lagers die Lebensmittel im Amtsbezirk Fröndenberg gekauft werden sollen.“ Es sollte mit 216 Männern belegt werden. Der Arbeitsdienst wollte es aber nur dann errichten, wenn die Gemeinde die Kosten für Vorarbeiten wie Herstellung der Fundamente für die Baracken, Wasser-
leitung, Kanalisation, Lichtleitung in Höhe von 15.000 Reichsmark übernahm. Der Arbeitsdienst wollte die Kosten in drei Jahren zurückzahlen. Kreis Unna und Amt Fröndenberg waren einverstanden. Sie zahlten je die Hälfte der Summe und teilten sich auch die Pacht für das Gelände. Die Gemeindewerke Fröndenberg legten Strom- und Wasserleitungen. Das Geld wurde aus dem Wohlfahrtsetat entnommen. Fröndenberg beschloss am 20. November 1934 ferner, die Hälfte der Pacht zu übernehmen.
Vertreter der Gemeindewerke und des Arbeitsdienstes trafen sich am 26. November 1934 in der Wirtschaft Kötter in Frömern zur Besprechung. 1935 bestand das Lager aus acht Gebäuden, drei Mannschaftsbaracken, einem Verwaltungsgebäude, der „Wirtschaftsbaracke“ (Küche und Speisesaal), der Waschbaracke, einem Wasserbehälter und dem „Abortgebäude“, das sich östlich etwas außerhalb des Lagergeländes befand.
Im November 1936 war Unterfeldmeister Hans Heublein Verwalter des Reichsarbeitsdienstlagers 6/205 in Frömern. Auch in Rhynern entstand ein Arbeits-
dienstlager. Im Frühjahr 1938 plante der Reichsarbeitsdienst eine Erweiterung des Lagers. Der Landrat erreichte nach langen Verhandlungen mit dem Grund-eigentümer Schulze-Westick, dass der RAD zwei weitere Morgen Land erhielt. Geplant war unter anderem die Einrichtung eines Schießstandes.
Hier die Vorbereitung auf den Vernichtungskrieg, dort Kultur: Ab Mitte der 1930er Jahre organisierte der RAD in Fröndenberg Kulturveranstaltungen. Im Januar 1940 sangen „Arbeitsmaiden“ bei einem Kameradschaftsabend der NSDAP in Frömern. Später hatte der RAD in Frömern auch ein eigenes kleines Orchester, das bei Veranstaltungen auftrat.
Im Oktober 1940 berichtet eine Lokalzeitung: „Auszug und Einzug im Arbeitslager Fröndenberg. In der vergangenen Woche nahmen die Maiden des Arbeits-dienstlagers Fröndenberg Abschied. Zu den Bauern, bei denen sie gearbeitet hatten, herrschte ein gutes Verhältnis.“ Am 3. Oktober 1940 rückte der Jahrgang 1922 ein. „Arbeitsmaiden“ waren nicht nur bei Bauern, sondern auch in Haushalten kinderreicher Familien tätig.
Während des Krieges hatte der Reichsarbeitsdienst im Jahr 1943 einen Großeinsatz nach der Möhnekatastrophe, als in Fröndenberg und Umgebung umfang-
reiche Aufräumungsarbeiten geleistet werden mussten.
Nach dem Einmarsch der US-Truppen ab dem 10. April 1945 wurden die Baracken des RAD-Lagers und die kurz vor Kriegsende in der Nähe entstandenen Behelfsheime mit sowjetischen Zwangsarbeitern belegt. Sie blieben bis August 1945.
Amtsbürgermeister Clemens (Fröndenberg) plante nach ihrem Abtransport im August 1945, das RAD-Lager in ein Erholungsheim für Kinder aus dem zerstörten
Dortmund umzuwandeln. Die Kirchen sollten die Trägerschaft übernehmen. Der Landrat teilte am 12. September 1945 mit, dass die Militärregierung in Frömern drei Standorte zur Belegung mit Evakuierten aus dem Ruhrgebiet freigegeben hatte, darunter auch das ehemalige RAD-Gelände. Dort war theoretisch Platz für 400 Personen. Aber aus den Plänen wurde nichts.
Bürgermeister Clemens vermerkte am 21. September 1945, dass das Toilettengebäude bis auf die Dachkonstruktion völlig zerstört war. Erneuert werden mussten dort Wände, Türen, Fenster, Toilettensitze und Beleuchtung. In der Küchenbaracke hatten die Briten den Kamin und den Herd demontiert und abtransportiert. An allen Küchenschränken fehlten die Rückwände. Abflüsse von Spülbecken und Wasserleitung waren zerstört, der Fußboden teilweise aufgebrochen. Im Speisesaal und in verschiedenen Wohnbaracken fehlten ca. 20 Fensterflügel und mehrere Öfen. Die Warmwasseranlage mit Dusche und Wascheinrichtung war beschädigt. Die Trinkwasserversorgung war seit längerem unterbrochen. Zwei Baracken waren noch nicht gesäubert. In sämtlichen Baracken fehlte ein großer Teil der Fenster-scheiben. Dächer waren teilweise undicht und mussten geteert werden. Die gesamte Lichtanlage war zerstört. Im September 1945 hatten Besatzungsgruppen das Lager behelfsmäßig desinfiziert. Britische Soldaten hatten jedoch fast alle Einrichtungsgegenstände (Betten, Spinde, Tische etc.) abtransportiert. Ein Teil des Mobiliars war vor den Baracken verbrannt worden. Bürgermeister Clemens ordnete zwar am 15. Oktober 1945 Aufräumarbeiten an, aber der britische Kommandant lehnte eine Belegung wegen des schlechten baulichen Zustandes und der Verseuchung durch Ungeziefer ab.
Es ging hin und her. Am 17. Oktober teilte Landrat Moenikes mit, das Lager stehe nun wieder zur Verfügung. Am 2. November 1945 schreibt Bürgermeister Clemens, dass die Briten zwei Baracken abgerissen hatten. Die anderen befanden sich weiter in einem schlechten baulichen Zustand. Hinzu kam, dass die deutsche Bevölkerung wegen Brennstoffmangels die Baracken planmäßig abbrach. Zur Instandsetzung fehlte es an Holz und Glas. Trotz Desinfizierung waren die Baracken weiterhin „total verwanzt“. Unter diesen Umständen war eine Belegung mit Obdachlosen oder Kindern unmöglich. Und das, obwohl die britische Militärregierung am 1. September 1945 einen Aufseher für das Lager in einem der Behelfsheime einquartiert hatte.
Die theoretische Aufnahmefähigkeit des Lagers war bis Anfang 1946 auf 200 Kinder gesunken. Das Finanzamt in Hamm verwaltete es mittlerweile. Durch Diebstahl sowie mehr oder weniger legale Entnahme wurde das Arbeitsdienstlager nach und nach zerstört. Zudem verkaufte die Fröndenberger Amtsverwaltung ohne Zustimmung des Finanzamts Bestandteile des Lagers an Privatleute. Schließlich wurde es im Sommer 1946 abgerissen. Später entstand auf dem Gelände eine Gärtnerei.
(Quelle: Haarstrangbote)