Bunker-NRW

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Garbe, Lahmeyer & Co., Werk Benrath

Ich habe hier zufällig noch eine Textdatei auf meiner Festplatte gefunden.

Am Bahnhof in Düsseldorf-Benrath fällt beim flüchtigen Blick über die Gleise eine Ansammlung von Gebäuden auf, die durch Graffittis und Vandalismus den Eindruck einer verlassenen Industrieanlage erwecken.

Dieses seit Jahren brachliegende Gelände wird jetzt von dem Eigentümer, einem Investmentfonds in Luxemburg, zu einem Wohngebiet "weiterentwickelt", und es läuft gerade ein Bürgerbeteiligungs-Verfahren, bei dem die Öffentlichkeit in mehreren Terminen mit diskutieren darf, wie sich der Stadtteil entwickeln soll. Also höchste Zeit, einmal eine Runde zu drehen und die alten Gebäude zu fotografieren, bevor es zu spät ist.

Garbe, Lahmeyer & Co. (vor 1938 auch: DEW - Deutsche Elektrizitäts-Werke zu Aachen) ist ein ehemaliges Elektrotechnik-Unternehmen mit Sitz in Aachen. Das Unternehmen in Aachen existierte seit 1886, war lange Zeit erfolgreich und leistete einige wichtige Innovationen auf dem Gebiet der Elektrotechnik:
http://de.wikipedia.org/wiki/Garbe,_Lahmeyer_%26_Co.

Zu Beginn des zweiten Weltkriegs, als kriegsbedingt die Nachfrage nach Elektromotoren stark anstieg, wurde das Werk in Aachen erweitert, und gleichzeitig ein neues Zweigwerk in Düsselwerk-Benrath auf dem damals brachliegenden, ehemaligen Werksgelände des Röhrenwalzwerks Balcke, Tellering & Co gebaut.

Die beiden neuen Werkshallen in Benrath wurden 1939 vom Aachener Architekten Willy Romme entworfen, der auch 1936 die Erweiterung der Hallen und Verwaltungsgebäude in Aachen entworfen hatte. Der Bau erfolgte anfang 1940. Im Werk gibt es noch Original-Portalkräne von 1941, die bis zuletzt funktionsfähig waren.
http://www.rheinische-industriekultur.de/objekte/aachen/Garbe_Lahmeyer/garbe_lahmeyer.html

Mit fortschreitendem Kriegsverlauf wurde das Werk in Benrath immer wichtiger, bedingt durch seine größere Entfernung von der Westfront und seine vorteilhafte Verkehrsanbindung.

Garbe-Lahmeyer war einer von vier Herstellern, die an der Fertigung der Elektromotoren für die U-Boote der Typen VII und XXI beteiligt waren:

"Die leistungsstarken neuen E-Maschinen lieferten hauptsächlich die Siemens-Schuckert-Werke aus den Werken in Berlin, Wien-Leopoldsau und Nürnberg, AEG aus dem Werk Brunnenstraße in Berlin sowie als Lizenzbau in geringer Stückzahl BBC und Garbe, Lahmeyer & Co.. " (Wikipedia, U-Boot-Klasse XXI)

Auf dem Gelände wurde eine Baracke für ca. 70 Fremdarbeiter errichtet, die hauptsächlich aus Belgien und der Ukraine kamen.

"In der Nachbarschaft war die Firma Garbe, Lahmeyer & Co. Sie stellte im Auftrag von Siemens Elektromotoren her. Eines Tages kamen in diese Firma 21 Mädchen [aus der Ukraine], die bisher in der Verpackungsabteilung bei Henkel gearbeitet hatten [..] Nach ein paar Wochen lernten wir einander kennen. Sonntags gingen wir im Park in der Nähe unserer Siedlung spazieren. Auf dem Werksgelände der Frauen gab es keinen Luftschutzkeller. Sie arbeiteten nur tagsüber. Bei ihnen in der Firma arbeiteten noch viele zivile Belgier". (Bericht von Stepan Kutsay, ehemaliger Ostarbeiter in der benachbarten Firma Capito & Klein).

Von Kriegszerstörungen und Demontage blieb das Gelände weitgehend verschont. In der Nachkriegszeit wurden zwei weitere Hallen, Verwaltungs- und Sozialräume errichtet. Die Firma stellte Elektromotoren, Umformer, Flüssigkeitsanlasser und andere elektrische Aggregate her. Diese wurden z.B. im Bergbau, in der Stahlindustrie, für Bagger in Kiesabbau, als Motoren für Straßenbahnen und in einer Vielzahl von Betrieben eingesetzt.

Das Unternehmen hörte im Jahr 1974 zu existieren auf, als es durch plötzlich auftretende Probleme bei der Materialbeschaffung in Schwierigkeiten kam, und von seinen Konkurrenten übernommen wurde. Danach wurden in den Hallen noch einige Spezialprodukte, z.B. Flüssigkeitsanlasser gefertigt, die als Rest bei der Übernahme ausgegliedert worden waren. Ein ehemaliges Tochterunternehmen, die Baugesellschaft für Elektrische Anlagen, die 1943 gegründet wurde, existiert noch heute, allerdings nur noch als Planungs- und Dienstleistungsunternehmen ohne eigene Fertigung.

Der einzige Rest der alten Werke von Balcke-Tellering, das Verwaltungsgebäude, wurde in den 70er Jahren abgerissen, um Platz für eine Eissporthalle zu machen. Der Rest des Geländes wurde nach dem Wegzug der Tochterfirma BEA an einen Lebensmittel-Discounter verkauft, der eine Ecke des Geländes selbst bebaute und den Rest an den Immobilienfonds weiter veräußerte, der jetzt die Neubebauung in Angriff nimmt.

Literatur:
- http://www.rheinische-industriekultur.de/objekte/aachen/Garbe_Lahmeyer/garbe_lahmeyer.html
- http://de.wikipedia.org/wiki/Garbe,_Lahmeyer_%26_Co.
- Stepan Kutsay: Unbekannte Wege. Deutschland aus der Sicht eines ehemaligen Ostarbeiter, 2007
- Zwangsarbeit in Düsseldorf. "Ausländereinsatz" wärend des Zweiten Weltkrieges in einer rheinischen Großstadt, Hrsg.: Clemens von Looz-Corswaren, 2002
- https://de.wikipedia.org/wiki/Bau_der_U-Boote_vom_Typ_XXI
 
Update, 5 Jahre später.... Zusagen für Fördergelder wurden an zwei beteiligte Firmen übergeben, anscheinend könnte demnächst das Wohnungsbau-Projekt auf dem Gelände starten...
 
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