Vielne Dank für das Lob von allen Seiten! Meister-
Das gelb eingerahmte Gelände ist/ war die Muna, in der im ersten Weltkrieg Sprengstoff in Granaten gefüllt wurde.
Mein Gewährsmann in einem der großen Betriebe in Hallschlag berichtete mir, dass JEDER Einwohner mindestens
eine Gasmaske zu Hause hat. Denn in den vergangenen Jahren seien immer wieder Gasaustritte auf dem Gelände vorgekommen. Und das, obwohl die Anlage komplett übererdet wurde...
Und wie Ihr sicherlich wisst, ist mit Sarin/Senfgas/Tabun, und wie das Zeugs hiess, was da drinsteckt, eben nicht zu spaßen.
Zur Geschichte der Anlage gibt es mehrere Beiträge im Internet.
Ich fasse diese mal etwas zusammen. Textquelle: Die Munfa Hallschlag von Gunter Heerwangen http://www.wisoveg.de/rheinland/histo/eifelbhn/his-eif9.htm
1911 gründete sich ein "Verein zur industriellen Entwicklung der Südeifel", um unter anderen Projekten den Bau und Betrieb einer Sprengstoff-Fabrik zwischen Ormont und Hallschlag voranzutreiben.
Geplant war laut den Akten ein "privates Sprengmittelwerk für zivile Sprengstoffe an der Bahnlinie Stadtkyll-Malmedy" um das damalige Monopol der international agierenden Dynamit-Nobel-Gruppe zu umgehen.
Aus den Akten geht aber direkt hervor, dass die Anlage bei Hallschlag "von Anfang an geplante Produktion auf TNT und DNB ausgerichtet war". Also reine Granatenfüll-Sprengstoffe.
1914, im Herbst nach Kriegsbeginn erfolgte die Baugenehmigung
02.01.1915 erster Spatenstich,
20.12.1915 erfolget bereits die erste Lieferung an das Kaiserliche Heer
Im Sommer 1915 war die Belegschaft incl. Zuarbeitern auf ca 2000 Mann gewachsen.
Das Werk der
ESPAGIT (Eifeler Sprengstoffwerke AG) belegte eine Fläche von 25 Hektar Fabrikfläche und darum angeortneten 600 Morgen Sicherheitsfläche und lag auf der Wasserscheide zwischen Kyll und Our auf 620 m Höhe etwa mittig zwischen Hallschlag und Ormont.
Dem Werk angegliedert waren Wohnbaracken, in denen zumeist zwangsverpflichtete weibliche Arbeitskräfte untergebracht waren.
Im Werk selbst waren Handwerksbetriebe für alle anfallenden Arbeiten vorhanden, Dampfheizung sowie eigene Stromerzeugung waren damals noch etwas besonderes.
Im Jahr 1917 kam es zu einer ersten großen Umweltkatastrophe; ausgelaufene Pikrinsäure verursachte in der Kyll auf 20 km länge ein komplettes Fischsterben und färbte den Fluß rot. In der anliegenden Bevölkerung und im Viehbestand traten Fälle von Cyanose/Blausucht auf.
(erinnert mich irgendwie an die Muna Hirschhagen...)
EIne Kläranlage war geplant worden, wurde bis Kriegsende jedoch nicht mehr gebaut.
Einfachste Problemlösung war (wahrscheinlich) die Anlage von "Schluckbrunnen" sowie die Verrieselung von TNT-Abwässern auf den südlichen Hängen an der Anlage.
In der Anlage wurde zumindest TNT selbst hergestellt; gesichert ist die Weiterverarbeitung von Halbfertigprodukten zu fertigen Sprengmitteln und -Granaten. Anlieferuung und Abtransport erfolgten per Bahn.
Nach Kriegsende stellte man den Betrieb um auf die Zerlegung und Ausdämpfung von Granaten.
Behördlich genehmigt wurde die Lagerung von bis zu 500.000 Granaten, die aus den Depots Koblenz/Neuwied und den französischen und flrandrischen Schlachtfeldern nach Hallschlag zur Entsorgung transportiert wurden. U
Unbekannte Sprenkörper und Geschosse wurden täglich abseits der ANlage im Tal gesprengt. Dort wo Spreng- und Giftstoffe verbrannt wurden, wächst auch heute noch kein Grashalm!
Am 29. Mai 1920 zerstörten drei gewaltige Explosionen das Werk. Der Explosionsdruck breitete sich bis in die Ortschaften Losheim, Scheid, Hallschlag, Krewinkel und Manderfeld aus. Dabei wurden auch die noch aus Kriegszeiten stammenden Bestände an Säuren und Chemikalien vernichtet.
Im Juni 1920 rollte ein letzter Bahntransport mit über 20.000 gefüllten Giftgasgranaten nach Hallschlag. Trotz der Zerstörung sollten diese auf Anweisung der Amerikanischen Besatzungsmacht auf dem Gelände gesprengt werden. Durch andauernde Appelle der umliegenden Gemeindeverwaltungen bis in den August 1920 konte dieses aber verhindert werden.
Danach verschwinden diese Granaten aus dem öffentlichen Blickfeld... evil-
Sie sind aber noch da!!! angts-
Einfach vergraben unterhalb der ehemaligen Rieselfelder fristeten sie ein recht ruhiges Dasein.
Die restliche, bei der Explosion des Werkes verstreute Munition wurde weiterhin "fachgerecht" entsorgt.
Nach einer Untersuchung von 1927 lagerten "alleine im großen Sprengtrichter [...] noch ungeborgen um 10.000 Gasgranaten, zigtausende andere Sprengkörper und hunderttausende scharfe Zünder."
1928 posaunte das Gewerbeaufsichtsamt Trier voreilig in die Welt hinaus: "(das nun) für alle Zeit aufgeeräumt sei und nach menschlichem Ermessen keine Gefahr von dem Gelände mehr ausgehen könne."
Beim Bau des Westwalls wurden Teile der Anlage überbaut.
Nach dem zweiten Weltkrieg kaufte 1965 bezeichnenderweide die Kölner Firma "Meissner Anlagenbau für die Chemische und Sprengstoffindustrie" Teile des ruinenübersäten Geländes auf, da Flächen der ehemaligen Muna als Industriegebiet ausgewiesen werden sollte.
Im Juni 1967 trat man aber von dem Ansiedlugsplan wegen "anhaltender Aversion der Bevölkerung gegen unsere Banche" zurück. Daraufhin wurde das Gelände als "land-und forstwirtschaftliche Fläche" freigegeben.
Und die Giftgasgranaten und verstreuten Sprengmittel im Gelände? kratz-
Bei den Rodungsarbeiten für den Westwall und die Nutzbarmachung von Ackerland tauchten immer wieder hochgepflügte Granaten auf, die "teilweise stark qualmten".
Und die KMRD in Belgien, NRW und Rheinland Pfalz wollten bei einer Parlamentarischen Anfrage von 1991 keine Funde von WK1 Munition bestätigen. Dennoch wurden bis Mitte 1998 noch über 1700 Granaten, darunter auch etliche mit Kampfstoffen geborgen. Davon lagen etwa 10% ausserhalb der in den 20er Jahren errichteten Absperrung des Sanierungsbereiches.
Wenige Tage nach dieser Anfrage tauchten wie aus heiterem Himmel an Pfingsten 1991 urplötzlich über 24 flüssiggefüllte, als Kampfstoffverdächtig geltende Granaten auf.
Durch den Regierungswechsel vom Frühsommer 1991 von CDU zur SPD wurden urplötzlichst Haushaltsmittel zur Beräumung des Geländes freigegeben. Auf dem Gelände, das flächenmäßig am wenigsten kontaminiert war, richtete sich ein KMR-Unternehmen ein. Ein 1,5 km großer Sperrkreis wurde eingerichtet, in dem die Anwohner mit Atemschutzhauben ausgesattet wurden. Besucher der dortigen Anwohner mussten ausserhalb dieses Sperrbereichs empfangen werden und durften nur mit zusätzlich empfangener Schutzausrüstung, sogenannten Fluchthauben in diesen Sperrbereich einreisen.
Die Bezirksregierung Trier erließ 1996 eine Gefahrenabwehrverordnung für das Gelände, das bis auf Wiederruf für zwanzig Jahre gilt.
Das Gelände, gesamt 13 Hektar wurde bis in 50 cm Tiefe nach Altlasten abgesucht, gefundene Granaten entschärft und entsorgt. Bis zum Juni 2008 wurde das Gelände mit einem Maschendrahtgewebe und einer neuen Deckschicht gegen unbefugtes Sondeln gesichert und mit einer 50cm dicken Erdschicht überdeckt.
Das Betreten des Geländes ist nach wie vor untersagt! Hinweisschilder weisen deutlichst auf den Gefahrenbereich hin.
Als BIldquelle möchte ich folgende Webseite ans Herz legen: http://bildung.freepage.de/heerwagen/
Grüße, S4Mog