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Höhlenverein - Pro und Contra II - Erlebnisse

Jonathan E.

erfahrenes Mitglied
Höhlenverein Pro und Contra II - Erlebnisse
Infolge der Beiträge in diesem Forum in Bezug auf Höhlenvereine und Singlebefahrungen, nahm ich eine Einladung zu einer gemeinsamen Befahrung an. Bei der ersten Begegnung musterten wir erstmal gegenseitig unsere Ausrüstungen. Da ich die Höhle, die wir besuchten, nicht kannte, war meine Ausrüstung zunächst falsch gewählt. Flagscheinwerfer (Skurion) und meine guten Einsatzstiefel, mit denen ich gerne in den geräumigen Alpenhöhlen unterwegs bin. Außerdem trug ich mein Altbergbaubefahrungsoutfit, dementsprechend keinen Schlaz. Meinen alten Schlaz hatte ich meinem Vater gegeben, da ich mittlerweile für geräumige Höhlen mit großen Kletter- und Abseilstellen meine stabile Kletterjacke bevorzuge. Das rächte sich natürlich, da ich zu Hause um so mehr zu putzen hatte, da die Höhle in weiten Teilen sehr lehmig war. Doch zurück zur Höhle und meinen neuen Bekannten. Wir waren insgesamt vier Personen. Mit dabei war noch eine andere Person, die zusammen mit mir auch das erste Mal mit dabei war. Die anderen beiden sind langjährige Mitglieder eines Höhlenvereins. Wir schauten uns verschiedene Teile der Höhle an und hatten verschieden schwierige Schluf- und Kletterstellen zu bewältigen. Dies sollte zur Einführung dienen, um uns mit verschieden Situationen und Schwierigkeiten auseinanderzusetzen, die uns in Höhlen erwarten können. Außerdem sollten wir auf dem Rückweg selbstständig den Weg zum Ausgang finden, um mit der Höhle vertraut zu werden und um gegebenenfalls selbstständig rauszukommen bzw Hilfe zu holen. Ich muß sagen, daß ich speziell damit so meine Probleme habe, wenn ich geführt werde. Ich war bisher immer alleine unterwegs und habe mir die Wege, auch in relativ komplizierten Höhlen, selbst erarbeitet. Teils mit Kartenmaterial und teils komplett ohne. Ich kann nur sagen, daß ich diese Routen eigendlich nie mehr vergessen habe. Ich habe damals bestimmt fünf Befahrungen im Alfelder Windloch gebraucht, um in die letzte untere Halle zu kommen, da wo die einzigsten ansehlichen Tropfsteine stehen. Als ich nach vielen Jahren die Höhle mit meinem Vater besuchte, fand ich den Weg fast auf Anhieb. Doch zurück zur gemeinsamen Befahrung mit den neuen Bekannten. Die Sache hat mir großen Spaß gemacht, da es doch einige recht enge Passagen gab und wir uns über Techniken und Ausrüstungen austauschen konnten. Darüber hinaus erfuhr ich, warum diese Höhle so massiv verschlossen ist. Ich stand bisher immer nur vor der verschlossenen Luke und habe mich über die, meiner Ansicht nach paranoid massiven Ausführung des Verschlusses, geärgert. Nicht, daß ich jemals die Absicht hatte, die Sache zu überwinden. Nach der Befahrung wurde gegenseitiges Interesse bekundet, weitere gemeinsame Befahrungen zu unternehmen.

Bei der nächsten Befahrung mit meinem neu erworbenen Schlaz ging es zu einer Grabungsstelle. Uns wurde erklärt, daß dies aufgrund der geologischen Lage und Verhältnissen eine sehr vielversprechende Stelle sei, um möglicherweise zu einem großen unbekannten Höhlenteil zu gelangen. Die Vereinsmitglieder erzählten, daß sie, bei einer Befahrung ein lautes Rumpeln im Berg gehört haben, wonach sich am nahegelegenden Fluß an einer Quellstelle das Wasser stark eingetrübt hat. Das deutet stark auf einen nicht entdeckten wasserdurchflossenen Höhlenteil hin. Die Grabungsarbeit machte auch großen Spaß, da dabei auch viel gelacht worden ist.

Bei einer weiteren Befahrung besuchten wir einen anderen Höhlenteil, der eine vielversprechende Fortsetzung hat, die jedoch aufgrund der Enge damals nicht weiter erforscht wurde. Um diese Stelle zu erreichen mußten zahlreiche Kletter- und Schlufstellen überwunden werden. Da ein Mitglied des Befahrerteams besonders schlank und klein war, versuchte dieses die Engstelle zu passieren. Am Anfang bestand noch Sichtkontakt und alles war soweit klar. Beobachtungen und Eindrücke wurde mitgeteilt. Nach einer geraumen Zeit war aber nicht mehr zu hören. Auf erstes Nachfragen wurde nicht geantwortet. Nachher ein schluchzender Laut. "Ich stecke fest" , "Ich komme nicht mehr vor und zurück". Dazu muß gesagt werden, daß von der Person nur noch ein Fuß zu sehen war, da der Schluf S-förmig angelegt ist. Ein mühseliges Hinterherkriechen ergab folgendes Bild: Stellt euch mal vor, ihr steht auf dem rechtem Bein, welches aber eingeklemmt ist. Die Hüfte ist auch eingeklemmt. Ihr seit nach vorne übergebeugt, könnt euch aber nicht aufrichten. Das linke Bein liegt waagerecht nach hinten abgewinkelt auf. Der Kopf ist stark gedreht, in einer sehr unbequemen Zwangshaltung. Die Arme hängen ohne Bodenkontakt nach unten und eine Möglichkeit sich nach oben zu drücken gibt es nicht. Die Person nahm irgendwie den Helm ab, um sich wenigstens mit einer Hand abstützen zu können, um nicht weiter im schlüssellochförmigen Schluf abzurutschen und noch stärker eingeklemmt zu werden. Verschiedene Befreiungsversuche ergaben keine Erfolg. Also wurde eine Entscheidung getroffen. Einer muß raus und fordert Helfer und Bergegerät an. Eine vierte Person hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Rufweite auf, um Einbauten zu erneuern. Ein Befahrer blieb bei der festgeklemmten Person und versuchte einen weiteren Bergeversuch. Kein Erfolg. Also ein weiterer Versuch. Der Schlaz wurde ausgezogen und der Helm abgenommen und durch eine Notstirnlampe ersetzt, um noch näher an die Person heranzukommen. Die einzigste Möglichkeit bestand darin, daß die festgeklemmte Person mit aller Kraft versucht sich nochmal hochzudrücken, wobei der Helfer versucht, mit aller Kraft am oben aufliegenden Bein zu ziehen. Dazu muß gesagt werden, daß aufgrund der Enge kaum Gewalt aufgebracht werden kann, da man nur wenige Zentimeter zum Ziehen hat. Da kann man noch so viel Power und Muskeln haben. Die Kräfte schwinden rapide. Plötzlich der Ruf, "ich glaube ich komme frei". Dieser Ruf vermittelte Hoffnung und nochmal einen Kraftschub. Die eingeklemmte Person konnte Zentimeter um Zentimeter aus der misslichen Lage befreit werden. Nachdem abzusehen war, daß die Befreiung nur noch eine Frage der Zeit war, versuchte der Helfer per Rufkontakt, den vierten Höhlenforscher zu errreichen, der bereits auf dem Weg zur Unglücksstelle war. Mehrmaliges lautes Rufen war nötig, um Kontakt herzustellen und die Anweisung zu geben, zu versuchen, die Hilfe abzublasen. Der Höhlenforscher, der bereits Hilfe angefordert hatte, wurde erreicht und konnte noch alles abblasen, bis auf die Helfer, die uns nachher mit warmen Getränken und Decken in Empfang nehmen sollten. Nach der Befreiung aus der Notlage war die verunglückte Person total entkräftet, so daß die Schultern des Helfers als Kletter und Steigehilfe beim Hinunterklettern eines Schachtes herhalten mußten. Dazu muß noch gesagt werden, daß zu den ersten Lektionen durch die Höhlenforscher gehört, daß man in Notlagen auf jeden Fall ruhig bleiben muß. Das hat der festgeklemmten Person ungemein geholfen. Panik würde unter Umständen dazu führen, daß man sich immer weiter verklemmt oder abrutscht. Das gleiche gilt für die Helfer. Das hört sich aber einfacher an, als gesagt. Nur der Verunglückte kann wissen, wie er sich fühlt. Ich vermute mal, wenn einem so etwas das erste Mal passiert, gehen einem eine Menge Gedanken durch den Kopf. Insgesamt hat alles gut geklappt, die beiden Höhlenforscher haben die Strecke zum Ausgang in wenigen Minuten zurückgelegt (um Hilfe zu holen bzw abzublasen), wo man normalerweise ca eine halbe Stunde benötigt.

Da wir beiden Neuen uns bewährt haben, wurden wir eingeladen, eine wirklich große Höhle in der Gegend zu befahren. Als ich in einer der größeren Hallen Fotos machte, wurde in einigen Metern Höhe in einer Steilwand ein Loch erspäht, daß eine Fortsetzung versprach, die nicht in den vorliegenden Höhlenplänen eingezeichnet war. So kam es, daß wir ein paar Tage später mit einer weiteren Person als Verstärkung und mit mehren Kletterstangenteilen und einer Drahtseilleiter sowie Kleingerödel bewaffnet, die Halle mit der potientiellen Fortsetzung aufsuchten. Die Kletterstange wurde zusammengesteckt und die Drahtseilleiter oben befestigt. Die Stange wurde aufgerichtet. Ein Aufsteigeversuch wurde auf halber Höhe abgebrochen, da die Sache noch recht instabil war. Eine zusätzliche Sicherung mit einem Seil brachte die nötige Standsicherheit, um komplett die Seilleiter hochzusteigen. Ein erster Blick versprach zwei Fortsetzungen und Neuland. Aber der zweite Blick sagte uns, daß hier oben schon mal jemand war. Die Drahtseilleiter wurde mit einer Bandschlinge an einem großen Felsen befestigt und die Kletterstange wieder zerlegt. Alle anderen Befahrer stiegen dann mit einem Seil zusätzlich gesichert nach oben. Rasch war ein Weg nach unten gefunden, der uns wieder in die Halle führte, wo die Drahtseilleiter hing. Die Aktion werteten wir aber nicht als Mißerfolg, sondern hakten die Sache als tolle Teamarbeit ab.

Ich habe bewußt alles sachlich und ohne Nennung von Orten und Namen beschrieben. Ich möchte niemanden in Mißkredit bringen, da ich weiß, daß es einige Vereinsmitglieder gibt, die mitlesen und dieses Forum nicht gutheißen.
Ich kann aber sagen, daß Höhlenvereine und deren Mitglieder auch nur mit Wasser kochen. Ich denke, daß es eine Menge Forumsmitglieder gibt, die ein gewaltiges Potential an Wissen und Können haben. Ich fände es schade, wenn dieses Potential ungenutzt versickert. Ich kann jedem Interessierten nur empfehlen, Kontakt mit einem Verein oder einer kundigen Personen aufzunehmen, um mal eine Befahrung mitzumachen. Ich habe lange gezögert und bin in meinen Ansichten teilweise bestärkt oder aber auch bekehrt worden. Jedenfalls habe ich jetzt den Eindruck integriert zu sein.
Insgesamt macht mir die Sache großen Spaß, zumal ich die Gelegenheit habe, meinem Interesse nachzukommen, nämlich unter der Erde Fotos zu machen.
Jonathan.
 

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Naja schön, ich würde sagen interessant. Ich weiß schon warum ich Hölen meide blabla-
Zwei tolle Bilder hast du aber mitgebracht daumen-
 
Hallo Jonathan,

sehr guter und sachlich geschriebener Bericht. So etwas ähnliches habe ich früher auch schon mal erlebt und darum ist es von sehr großem Vorteil, bei engen Schlufstellen nie alleine unterwegs zu sein. Die Speleaologie ist ein tolles Hobby, verbunden mit teilweise großen Entdeckungen, aber auch mit Gefahren. Erkennt man die Gefahren und geht ihnen so gut wie möglich aus dem Weg, dann ist die Welt ohne Licht grenzenlos grandios und ihre Entdeckung eine Bereicherung fürs Leben.

Gruß
Rüdiger
 
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