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Strecke 85, die teilgebaute

S4Mog

erfahrenes Mitglied
Dann will ich mal wieder ein neues Fass aufmachen!

Neben den hier a.a.O. bereits vorgestellten unvollendeten Reichsautobahnen "Strecke 46" und "Strecke 77" gibt es eine weitere, teilweise vollendete Reichsautobahn, die

"Strecke 85"

Dies sollte die Autobahn von Eisenach über Meiningen nach Bamberg werden. Diese sollte westlich Nürnberg an die RAB Frankfurt - Würzburg - Nürnberg anschließen.

Hier ein Ausschnitt aus der offiziellen RAB- Übersichtskarte von 06.1936RAB Str 85.jpg

Zur Geschichte:
Die Strecke 85 gehörte schon von Beginn der Planungen der "HaFraBa" mit zum Grundstreckennetz der geplanten Reichsautobahnen. In der Planung der "Gezuvor" von 1933 war die Strecke 85 ein wichtiger Bestandteil der kürzesten Nord-Süd Verbindung von Hamburg nach München.

Die Trassierung sollte " von der Reichsautobahnstrecke 80 (die heutige Bundesautobahn 4 im Abschnitt Eisenach - Görlitz), von deren ursprünglichen Trasse durch die Hörselberge bei Wutha abzweigen (wo auch bauliche Reste der begonnenen Abfahrt aus Richtung Erfurt nach Süden lange Zeit zu sehen waren)[1], über den hier noch flachen westlichen Thüringer Wald führen, dann weiter westlich an Ruhla und Bad Liebenstein, östlich an Barchfeld und Breitungen/Werra sowie westlich an der Stadt Schmalkalden vorbei führen, das Werratal bei Schwallungen überqueren, um schließlich westlich an Meiningen vorbei in das Grabfeld zu führen. Ab hier verläuft die Trasse zwischen Römhild und Hildburghausen in Richtung Coburg, um dann zwischen Bad Rodach und Maroldsweisach nach Süden nach Bamberg abzubiegen und weiter westlich an Bamberg vorbei an die Autobahn Nürnberg – Würzburg anbinden. Neben den genannten Orten hätten auch Bad Salzungen, Wasungen, Themar und Ebern einen direkten Autobahnanschluss erhalten, die mit Ausnahme von Meiningen und Coburg bis heute keinen direkten Anschluss haben.
Nach einer alternativen Planung sollte der Abzweig von der heutigen A 4 weiter westlich im Werratal bei Lauchröden erfolgen." (Quelle:Wiki)

Zuständig für den nördlichen Bauabschnitt bis Maroldsweisach war die OBL Kassel, ab dort bis Nürnberg die OBL Nürnberg .
Die Planungs- und Vermessungsarbeiten begannen spätestens 1934, und ab 1938 durfte nach erteilung des Baurechts gebaut werden. Beim Bau der RAB Strecke 80 war bei Eisenach in Wutha bereits die Anschlusstelle der Strecke 85 in Form einer Brücke eingebaut worden, so dass dort mit den Erdarbeiten begonnen werden konnte.
Des weiteren begann der Trassenbau zwischen Barchfeld und Niederschmalkalden, dort wurden eine rund 10 km lange Trasse mit allen Unterführungen und Anschlußstellen bei Breitungen(Werra), Widerlager für eine größere Brücke bei Fambach, weitere Trassenstücke südlich davon, ein Brückenkopf für die Talüberquerung der Schmalkalde bei Niederschmalkalden, sowie Teile der Anschlußstelle Meinigen bei Wallbach.


Und so sollte das ganze dann in natura aussehen:Strecke 85 SatBild.PNG
Hellblau eingezeichnet die RAB Strecke 80 ( Hersfeld - Erfurt) in Eisenach auf der alten Hörselberg-Trasse,
gelb ist die geplante Trasse, grün eingezeichnet die fertigen Streckenteile.

Im nächsten Teil geht es dann um die Baustücke im einzelnen.
 
Wie im Einstiegsbeitrag schon geschrieben, wurden einige Teilstücke fetig; naja, fast...

Fangen wir an mit dem nördlichen Ende der Strecke 85 in Eisenach.

Als die A4 noch mitten durch Eisenach und südlich am Rand des Hörselberges verlief, war dies die originale Trassierung der RAB Strecke 80 mit Betonfahrbahnen im damals üblichen Regelquerschnitt 24. ( RQ 24: 24m gesamte Trasssenbreite, davon zwei Fahrbahnen je 7,50 m, Mittelstreifen 4,2 m, schmale Standspur je 1,0 m)

Kennzeichnend für die Strecke waren die teilweise engen Kurvenradien, herunter bis auf 600 m, eckige Kurven mit kurzen Zwischengeraden, sowie am Hörselberg die höhenversetzen Fahrbahnen am Hang mit bis zu 10 m Höhenunterschied.
Als ich zur Wendezeit diese Strecke auf dem Weg nach Erfurt erstmals befuhr, waren dort noch keine Leitplanken an den Fahrbahnen! Wenden auf der Autobahn war zwar verboten, wurde aber bei Staus gerne über den Mittelstreifen praktiziert.

Die RAB Abzweigung wurde wie schon erwähnt bei Wutha-Farnroda,O.T. Eichrodt gebaut. Fertiggestellt wurde dort nur die Unterführung unter der RAB 80, sowie die Erdarbeiten für die trompetenförmige Anschlussanlage. Das Bauloch war lange im Vorbeifahren erkennbar.

So sollte das Ganze aussehen:Ast Eia RAB 80  85.PNG
Eingezeichnet in :
hellblau: RAB 80 /A4 EIsenach-Erfurt
gelb: Anschluss Wutha
orange, nördlich: Umgehungstrasse für den Anschlussstellenneubau und Ausbauende der heutigen B7, abgebaut
orange südlich: Strassenumlegungen im Bereich Wutha- Eichrodt, teilweise abgebaut

Nachdem nach 2008 die Nordumgehung des Hörselberges im Rahmen des "Verkehrsprojekt Deutsche Einheit, Neubau A4" fertiggestellt wurde, verlegte man die Bundesstraßen 7 und 19 auf die alte RAB-Trasse, dazu wurde an der ehemaligen GÜSt Eisenach eine neue Anschlußstelle gebaut. Damit wurde der überregionale Verkehr aus der Eisenacher Ortsdurchfahrt herausverlegt. Am östlichen Ende der alten A4 wurde die alte RAB-Brücke (Beton mit Stahlträgerüberbau) abgerissen, und bis zum Kreisverkehr/Ausbauende bei Eichrodt rückgebaut.
Auf einer Fahrspur existiert noch ein Wirtschaftsweg.

Durch Gespräche mit einem Strassenwärter der SM Eisenach ( übrigens noch in originalen RAB-Gebäuden; später mehr) erfuhr ich, dass der Winterdienst auf der alten Trasse mit den recht starken Steigungen von bis zu 6,5% nicht unproblematisch war. Ebenfalls machte sich das Fehlen der Standspur bei Pannen und Unfällen bemerkbar. Mit der Trassierung der Neubaustrecke war der Strassenmeister ebenfalls unzufrieden; obwohl die Autobahn nunmehr dreispurig sei, hätte man im Winter aufgrund der freien Lage im Gelände öfter mit Schneeverwehungen zu kämpfen. Die Steigungen seien ebenfalls nicht ohne.

Im nächsten teil gehts an die noch existierenden und teilweise befahrenen Reste der Strecke 85 bei Breitungen.
 
So, denn man weiter.

Nachdem ich das nördliche Ende der Strecke 85 bereits auf Luftbild nachvollziehbar gemacht habe, geht es heute auf die fertig gewordenen Teilstücke.

Zunächst wieder ersma die Übersicht:Strecke 85 SatBild Ausschnitt fertige Trasse.PNG
grün eingezeichnet: fertige Trasse der RAB 85
gelb eingezeichnet: geplante Lage.

Der Autobahnbau wurde schon damals in die drei Abschnitte Erdbau, Brücken, und Fahrbahnbau eingeteilt.
Der Erdbau dauerte am längsten. Es musste zunächst auf der von den Vermessungstrupps entgültig festgelegten Trasse der Bewuchs auf einem 40 m breiten Streifen entfernt werden, Bäume wurden gerodet, der Mutterboden wurde säuberlichst abgetragen und seitlich der Trasse in Mieten aufgeschichtet. Dann wurden die die Stubben gerodet und der Unterbau hergestellt.
Gleichzeitig wurden die Brücken gebaut, was zumeist länger als der Trassenbau dauerte.
Waren Bachdurchlässe, Brückenköpfe und -Pfeiler fetiggestellt, wurden diese in den Unterbau mit eingebunden.
Zuletzt wurde die Fahrbahn gefertigt.

Durch den kriegsbedingten Abzug etlicher Arbeiter und Maschinen wurde bis zum entgültigen Baustopp aller RAB-Trassen auf der Strecke 85 nur die Richtungsfahrbahn nach Eisenach fertggestellt. Auf- und Abfahrten wurden provisorisch zur Benutzung hergerichtet.

Nach Kriegsende wurde der Bau der Strecke von DDR-Seite nicht weiterverfolgt; Materialknappheit; Änderung der Verkehrsströme und die Nähe zur "Zonengrenze" sowie politische Gründe verhinderten den Weiterbau.
Die fertiggestellten Streckenstücke der RAB 85 wurden in die Staatsstraße 19 (heute B 19) eingebunden.

Ich habe die B19 zwischen 2002 und 2011 mehrmals befahren und teilweise Aufnahmen während der Fahrt gemacht. Sollte die Qualität der Bilder auch nicht die beste sein, so bitte ich das zu entschuldigen. Jedoch sind etliche Aufnahmen mittlerweise als unwiederholbar anzusehen.

Nördlicher Streckenteil von Bad Salzungen bis nördlich Fambach:Strecke 85 Bad Salzungen - Fambach.PNG
Eingetragen sind alle markanten Punkte der Trasse.
 
Nicht vergessen sollte ich auch die Übersicht der weiteren Teile:Strecke 85 Fambach - Schwallungen.PNG
Blau eingezeichnet die in der Erdbauphase steckengebliebene Trasse. Die Reichsstraße /StStr/B19 sollte warscheinlich im Bereich der (grün eingezeichneten) auseinandergezogenen Richtungsfahrbahnen zur RAB in Richtung Wallbach angebunden werden.

Strecke 85 Wasungen - Herpf.PNG
Der weitere Verlauf der Strecke 85 ab Wasungen. Auch hier (blau eingezeichnet) nur teilweise fertig gewordene bzw. erkennbare Erdarbeiten.

Markante Punkte sind jeweils markiert.

Im nächsten Beitrag gibt es dann (endlich) Streckenfotos.
 
Also, endlich Bilder von der Strecke.

Wie schon oben geschrieben, verläuft die B19 auf einigen Trassenteilen der RAB Strecke 85.
Bis zum Ausbau der B19 in den letzen Jahren, bei dem auch neue Straßenstücke auf alter, unfertiger Trasse gebaut wurden, waren die alten, unfertigen Teilstücke deutlich zu erkennen. Teilweise fuhr man am RAB Autobahndamm parallel entlang.RAB 85 026.jpgRAB 85 031.jpgRAB 85 032.jpgRAB 85 033.jpgRAB 85 034.jpgRAB 85 035.jpgRAB 85 036.jpgRAB 85 037.jpg

Auffallend ist bei dem Teistück, dass die unbebaute Richtungsfahrbahn mit allen Brückenüberbauten versehen und als Landwirtschaftsweg genutzt wurde.
 
Nächste FotostreckeRAB 85 039.jpgRAB 85 041.jpg

Nun verläuft die B19 neben der RAB-Trasse. Erkennbar sind mehrere fertig gewordene Feldwegdurchlässe und einige Brückenköpfe.RAB 85 045.jpgRAB 85 048.jpgA4 RAB Meiningen Flgpl Geseke A44 050.jpgRAB 85 059.jpgRAB 85 062.jpg

Und die getrennten Fahrspuren der Anbindung der B19 an die RAB bei Meiningen:
RAB 85 063.jpgRAB 85 064.jpgRAB 85 066.jpg
 
Leider war es entlang der Trasse oft nicht möglich, mal eben nen 40-Tonner problemlos "anne Seite zu stellen", um Fotos von den fertigen Bauwerken zu machen.
Daher kann ich hier nur exemplarisch die unvollendete Brücke der Anschlußstelle Fambach vorstellen.
Ich muss mal wieder ein Luftbild von 2008 bemühen:Brücke Fambach 2008.PNG von unten links nach oben rechts ist die RAB-Trasse erkennbar, in Bildmitte die unvollendete Brücke. Direkt daneben verläuft die B 19, die direkt an der Brücke abbiegt.

Und nun zur Orientierung; so hätte die Anschlußstelle Fambach ausgesehen:Brücke Fambach Planung 1936.png
gelb: RAB Strecke 85
rot: neue RStr 19
blau: Verlauf B19

Hier die Bilder der Brücke:RAB Eisenach-Meiningen 002.jpgRAB Eisenach-Meiningen 003.jpgRAB Eisenach-Meiningen 004.jpgRAB Eisenach-Meiningen 005.jpgRAB Eisenach-Meiningen 006.jpg

So sah das ganze um 2010 noch aus...

Seitdem ist einiges passiert.

Die B19 ist seitdem auf weiten Teilen der RAB-Trasse neu gebaut worden, dabei sind etliche von den damals nicht mit RAB-Betonfahrbahn überbauten Bauwerke der unvollenteten Strecke 85 der Spitzhacke zum Opfer gefallen. Bestes Beispiel dafür ist die Talbrücke bei Niederschmalkalden.
Von der Brücke waren "nur" die Brückenköpfe an den Talrändern der Schmalkalde fertiggestellt worden.
Beim Brückenneubau im Streckenverlauf der "B19 neu" wurden die Widerlager abgetragen, und zusammen mit der Talbrücke neugebaut.

Wer Interesse an Fotos der einzelnen Bauwerke im Zustand von vor 2010 hat, dem empfehle ich folgende Internetseiten:
http://www.motor-talk.de/blogs/g-j-s-block/lost-places-auf-spurensuche-reichsautobahn-strecke-85-t3133034.html" onclick="window.open(this.href);return false;



und bei ehemals "Lost Places":http://www.geschichtsspuren.de/forum/die-strecke-85-ba-esa-t2552.html
 
Zu der eingangs erwähnten Reichsautobahnmeisterei Eisenach gibt es einen neuen Thread:
https://bunker-nrw.de/forum/viewtopic.php?f=53&t=20567

Grüße, S4Mog
 
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