Führung durch Baarbachkatakomben : "Dass es sowas in Iserlohn gibt, das hätte ich nie gedacht!"
Iserlohn, 07.08.2009, Alexander Althöfer
Iserlohn. Gerade haben sich Alinas Augen wieder an das helle Tageslicht gewöhnt, da verleiht sie ihrer Faszination auch schon Ausdruck: „Dass es sowas in Iserlohn gibt, das hätte ich nie gedacht!”, sagt die Zehnjährige beeindruckt.
Bei Christel Pfänder, Jahrgang 1940, liegt die Sache anders: Dass es sowas in, oder besser unter Iserlohn gibt, weiß sie schon seit etlichen Jahrzehnten.
Die Rede ist von den Baarbachkatakomben, die Iserlohns wohl berühmtestes Gewässer aus den Augen und damit wohl auch aus dem Sinn der meisten Bürger führt. Und genau deshalb entschloss sich der Verkehrsverein Iserlohn, gestern Morgen mit einer außergewöhnlichen Stadtführung vom Startpunkt An der Kochsburg, Licht in die dunkle Seite des Baarbachs zu bringen. Und der Baarbach-Spaziergang der ganz besonderen Art kam bestens an. „Es gab so viele Interessenten. Wir hätten eine ganze Woche lang Führungen anbieten können”, so Marlis Gorki, die gemeinsam mit Andreas Hänke von den Iserlohner Stadtbetrieben eine 23-köpfige Gruppe fachkundig durch das weit verzweigte unterirdische Bauwerk führte.
Die unterirdischen Gemäuer stammen aus dem späten 19. Jahrhundert. Foto: Althöfer/IKZ Foto: IKZ
Zwischen 1888 und 1891 wurde das Baarbachtal unter der Leitung von Architekt Otto Leppin überbaut, um den Bau der Baarstraße und erster an sie angeschlossener Wohnhäuser zu ermöglichen. Dabei entstanden die Baarbachkatakomben, durch die in steinernem Bett ihr Namensgeber fließt. Das tat er gestern in fast schon gemütlichem Tempo und eher in Gestalt eines kleinen Rinnsals, sodass eine Frage nicht lange auf sich warten ließ: „Warum ein derart großes Gebäude für so einen kleinen Bach?” „Wenn es kräftig regnet, wird dieser kleine Bach schnell zum reißenden Fluss. Der Pegel steigt dann schneller, als man laufen kann”, hatte Andreas Hänke eine überzeugende Antwort parat. Vom rasant steigenden Pegel wurde auch ein Iserlohner, der in den Katakomben in den 1980er Jahren eine Champignon-Zucht betrieb, nur zu regelmäßig überrascht. Wegen zahlloser Überschwemmungen gab er sein Unterfangen auf und ließ seine Fahrzeuge, die heute als rostige Relikte an den Pilz-Pionier erinnern, zurück.
Dieses alte Fahrzeug erinnert als rostiges Relikt an den gescheiterten Versuch, in den Baarbachkatakomben Champignons zu züchten. Foto: Althöfer/IKZ Foto: IKZ
Nach einem einstündigen Rundgang durch die meterdicken Gemäuer erblickte die Gruppe um Christel Pfänder und die kleine Alina dann wieder das Sonnenlicht. Und von den frischen Eindrücken angetrieben begab sich Christel Pfänder umgehend auf die nächste Reise - diesmal in die eigene Vergangenheit. Zum ersten Mal seit weit über 50 Jahren hatte sie einen Fuß in die Katakomben gesetzt, die für sie während ihrer Kindheit ein einziger, großer Abenteuerspielplatz waren. „Das war unser Revier, wir haben täglich hier unten gespielt - meistens Räuber und Gendarm”, so Christel Pfänder, die anfügt: „Angst hatten wir damals nie”. Auch nicht zu Kriegszeiten, als die Katakomben als Schutzbunker dienten. „Da gab es da unten Betten, so ähnlich wie in Jugendherbergen”, erinnert sich die Zeitzeugin und löst bei der zehnjährigen Alina damit Staunen aus. „Das ist total spannend, wenn andere an solchen Orten aus ihrer eigenen Geschichte erzählen”. In einem Punkt widersprach sie den lebhaften Schilderungen Christel Pfänders dann aber doch: „Ich habe mich schon ein wenig gegruselt”, gibt Alina zu. „Aber es war ein Abenteuer”, fügt sie mit glänzenden Augen an.
Gruss Stefan
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