Eine mir nicht unbekannte Location. Das Gelände der zweitgrößten Sprengstoff und Munitionsfabrik im dritten Reich.
Hier ein paar Infos:
(Ich habe mal sämtliche Ortsnamen weggelassen aber es ist ja schon sehr bekannt)
Planung und Bau des Sprengstoff- und Munitionswerks
Das Sprengstoff- und Munitionswerk in Hirschhagen wurde 1935 geplant, 1936-38 gebaut.
Die Bauarbeiten waren bei der Stillegung 1945 nicht abgeschlossen. Etwa 233 Hektar waren auf 399 Gebäude verteilt.
Die Dymnamit AG (D.A.G.) baute das Werk. Später gründete die DAG eine Gesellschaft zur Verwertung chemischer Erzeugnisse in ..... .
Dies sollte die Existenz des Sprengstoff- und Munitionswerkes verschleiern.
Der Bau kostete mehr als 100 Mio Reichsmark (Zur Einordnung: Bei damals 41 Pfennig Stundenlohn für Arbeiterinnen und 50 Pfennig Stundenlohn für Arbeiter, wäre das grob geschätzt heute 1 Milliarde Euro)
Gründe für die Entstehung
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden von der Reichsregierung bzw. vom Oberkommando des Heeres (OKH) möglichst günstige Standorte für neue Sprengstoff- und Munitionswerke gesucht. Der damalige Bürgermeister Göbel bewarb seine Gemeinde als Rüstungsstandort. Die Gründe, die für ..... als Rüstungsstandort sprachen:
1. Der Standort war von größeren städtischen Ansiedlungenweit genug entfernt und war im angrenzenden Wald gut zu tarnen.
2. Es war die benötigte Wassermenge für die Sprengstoffherstellung verfügbar, sowie die Energieversorgung durch nahegelegene Braunkohlewerke gesichert.
3. Es waren anfangs genügend Arbeitskräfte im strukturschwachen Grenzgbiet zu Thüringen verfügbar.
4. Der Standort lag verkehrsgünstig: Rohstoffe konnten per Bahn angeliefert, Fertigprodukte über ..... günstig verteilt werden.
Gebäudekomplex und Infrastruktur
Die Fabrik nahm eine ovale Fläche von ca. 1,5 x 2,5 km = 233 Hektar ein.
In dem stacheldrahtumzäunten Gelände standen 399 Werksgebäude.
Es gab drei Haupt-Eingänge zum Werksgelände.
Es gab ein dichtes Straßennetz mit vorwiegend Kopfsteinpflaster. Vom Gleisanschluss der Bahn zweigten Gleise ab mit einer Gesamtlänge von 17 km.
Eine Seilbahn brachte Braunkohle vom nahen Bergwerk in einen Kohlebunker,so dass die Fabrik in zwei weit auseinanderliegenden Kraftwerken ihren eigenen Strom erzeugen konnte.
Produktion
Trinitrotoluol (TNT) und Pikrin(säure)-Granulat.
■TNT - in mehreren Arbeitsschritten hergestellt - wurde in heißem,flüssigen Zustand im "Gießhaus" in Bomben, Granaten und Tellerminen verfüllt.
■1938/39: 5,99 Tonnen TNT
■1942/43: 30.000 Tonnen (30 Millionen kg) TNT
■1939/40: 150 Tonnen Pikrin
■1944/45: 2000 Tonnen Pikrin
Arbeitsbedingungen und Zwangsarbeiter
Arbeitsbedingungen in ...... Insgesamt sind im Sprengstoffwerk etwa 12 Unglücke nachgewiesen worden mit 180 unmittelbar Getöteten.
■Gearbeitet wurde in der Fabrik rund um die Uhr in drei 8-Stunden-Schichten: Von 6 - 14 Uhr, 14-22 Uhr und 22-6 Uhr.
■Jeder Arbeiter auf dem kürzesten, vorgeschriebenen Weg zu seiner Arbeitsstelle gehen. Bei einem etwa nötigen Gang zur Toilette musste er sich bei der Aufsicht ab und anmelden. So wurde vermieden, dass Mitarbeitersich einen Überblick über das Werksgelände verschaffen konnten, der etwa verraten werden könnte oder zu Sabotage genutzt werden könnte.
Arbeitskräfte
■Arbeitskräfte April 1939: 750
■Arbeitskräfte April 1941: 3100
■Arbeitskräfte Anfang 1945: 2400
■Dazu kamen noch bis zu 1.000 Angehörige des Reichsarbeitsdienstes (RAD) besonders für Erdarbeiten im Gelände
■Darüber hinaus waren ca. 2.000 Bauabeiter verschiedener Firmen auf dem Werksgelände beschäftigt bei Erweiterungsbauten, die noch bis in die letzten Tage vor Auflösung der Fabrik bestanden und geplant waren.
■Zuweisung von 1000 Jüdinnen aus Auschwitz: Da gegen Ende von 1944 die Zahl der deportierten Zwangsarbeiter und aus den eroberten und besetzten, aber wieder verloren gegangenen Gebieten immer weniger wurde, hat man arbeitsfähige Juden und Jüdinnen in den Vernichtungslagern selektiert, um fehlende Arbeitskräfte im Reich zu ersetzen, allerdings immer bedroht vom Ersatzprogramm der geplanten "Endlösung" durch das Programm "Vernichtung durch Arbeit."
Zitate
■Zur Ernährung. Die Überlebende Zeitzeugin Trude Levi sagte: „Ich weiß heute nicht nur, wie Wanzen aussehen und stechen, sondern auch wie sie schmecken".
Nach 1945
■Erst zwei Tage vor dem Einmarsch der US-Armee Anfang April 1945 wurde die Produktion im Werk eingestellt.
■Die Gebäude wurden trotz eines 14 Tage vorher eingegangenen Führerbefehls nicht gesprengt, der vorhandene Sprengstoffvorrat aus Sicherheitsgründen nicht verbrannt ,wohl aber sämtliche Unterlagen zur unmittelbaren Herstellung und Produktion von Sprengstoff.
■Beim Einmarsch suchten die Amerikaner nach Plänen der hiesigen "Raketenproduktion", dies wahrscheinlich der Grund, warum das den Engländern seit 1944 in Luftaufnahmen bekannte Werk nicht bombadiert worden war.Die Raketenpläne gab es hier aber nicht, sondern ca. 6o km weiter östlich in Nordhausen? (Harz).
■Das Lager Vereinshaus wurde ebenfalls zwei Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner aufgelöst, die Überlebenden wurden wieder in Viehwaggons eingepfercht und in Richtung KZ Buchenwald deportiert. Im überfüllten KZ Buchenwald wurde jedoch die Aufahme verweigert und der Transport ging weiter in Richtung Osten.
■Nach 14-tägigem Todesmarsch ohne Nahrung und mit unzureichender Kleidung wurden die Überlebenden der Shoah und Sklavenarbeit in Hirschhagen schließlich in Wurzen bei Leipzig (Sachsen) von den US-Amerikanern befreit.
In ...... hatten die Amerikaner unmittelbar nach dem Einmarsch zunächst alle für die Sprengstoffproduktion wichtigen Gebäude gesprengt, die übrigen Gebäude enttarnt, d.h. Erde und Bäume und Büsche von den Betonflachdächern entfernt.
(Quelle : http://regiowiki.hna.de" onclick="window.open(this.href);return false