Der Offzier sass an einem blank poliertem Schreibtisch aus dunkelrotem Massivholz.
Auf der Tischplatte stand ein Fernsprecher, daneben lag eine Walther P 38, ein Füllfederhalter und ein Stapel Briefpapier.
Als Mc Ewan eintrat, wurde er gebeten, mit seinen 4 Kameraden auf den Wirtshaus-Stühlen
Platz zu nehmen, die sich im Raum befanden.
Ihre beiden Bewacher postierten sich an der Tür mit ihrem K 98 und nach kurzem Gruss ihres Vorgesetzen schwiegen sie und freuten sich über die warme Stube in deren Ecke ein kleiner Kohleofen flackerte.
Oberst Grünwald, so war sein Name, begann mit dem Verhör.
„Want Cigarettes ?“
„Yes, please“, sagte Mc Ewan und seine Kameraden streckten gierig die Hände
Nach der offenen Schachtel, die ihnen Grünwald reichte.
Frech grinsend steckte er jedoch die Schachtel wieder in seine Brusttasche und sagte:
„No Smoking please.“
Ja, das ist genauso wie man es immer gesagt hatte, dachte Mc Ewan.
Man wollte nun wichtige Informationen erlangen und sie dann eventuell mit einer Zigarette belohnen.
Mc Ewan fing unaufgefordert an zu sprechen:
1 st Lieutenant Hank McEwan, born 20th July 1910.
Daraufhin taten es ihm seine Kameraden gleich und Grünwald schrieb alles auf.
Have you some more Information for me ?
Wie aus einem Munde folgte nun ein lautes NO aus ihren Kehlen.
„Where is your Airbase in England ?“
Mc Ewan wiederholte nun gebetsartig seine vorherig genannten Daten und schwieg danach beharrlich. Als der letzte in ihren Reihen grade seine Personalnummer nannte, fiel Grünwald ihm ins Wort.
„Stop talking, please!“
Aus seiner Schreibtisch-Schublade zog er ein paar Schwarzweissfotos heraus und knallte sie
Auf die Tischplatte. Zum Erstaunen von MC Ewan waren es Luftbilder ihres Flugplatzes
In England, auf denen ihre B-17 in gestauchter Formation vor dem Start zu sehen waren.
Hank und seine Kameraden waren völlig überrascht von den Dokumenten
Des Feindes und fühlten sich nun mehr als beobachtet.
Vielleicht hatte der Offizier sogar Fotos von ihrem Spind-Girls in seinem Schreibtisch.
Es herrschte nun allgemeine Unsicherheit in den Reihen der Amerikaner.
Grünwald genoss diesen Augenblick sehr.
In seinem tiefsten Innern war ihm jedoch bewusst, dass diese Fotos nur wertvoll sein konnten,
wenn man die personellen und materiellen Mittel für einen grossen Luftangriff zur Verfügung hätte. Nun löschte man jedoch Brände mit einem Glas Wasser und so Leute wie Mc Ewan
sassen mittlerweile jeden Tag in seiner Stube.
Aus den Wrackteilen der Bomber hätte er sicherlich schon mehrere Gartenlauben bauen können. „Schultz und Kessler, führt die Gefangenen in ihre Arrestzellen im Keller.“
Als sich die Tür schloss, taten sich Sorgenfalten in Grünwalds Gesicht auf.
Er setzte seine Mütze ab und wischte sich den Schweiss von der Stirn.
Vielleicht würde nach der Luftwaffe irgendwann auch das Heer folgen.
Aber zum Glück befand sich ja die rauhe Nordsee zwischen England und Frankreich.
Er kurbelte nun an seinem Fernsprecher und liess sich mit dem Feldflugplatz des
JG 3 in Bad Wörishofen verbinden.
„Ja, hier Oberst Schmidkte.“
Seien sie gegrüsst Schmidke, wie ist die Lage ?
„Wir haben heute gute Männer verloren und der Flugplatz sieht aus wie ein
Schweizer Käse.“
„Das trifft sich gut, denn ich habe hier ein paar kräftige Burschen, die ihnen sicherlich
Beim Ausbessern ihres Flugplatzes helfen werden.“
„Können sie auch fliegen ?“
„Ja, sicherlich, aber sie würden den direkten Heimatkurs Richtung England wählen.“
„Aha, verstehe, nun gut, schicken sie das Personal mal her und vergessen sie nicht
die Lieferung 7/12.“
„Ja, sicher.“
Nun fuhren Mc Ewan und seine Kameraden auf der harten Pritsche eines Opel Blitz
Richtung Süden. Ihr Konvoi, bestehend aus 10 Lastwagen 2 Krädern, einem Kübelwagen und 2 Flakpanzer Typ Wirbelwind machte sich mit einer beachtlichen Geschwindigkeit von 38 kmh auf Reise.
Frieda sass traurig vor ihrem Volksempfänger und drehte an der Skala.
Sie hatte Fronturlaub und ihr Herz war voller Schmerz angesichts des Leids, dass
Ihr in den letzten Wochen begegnet ist. Dennoch war die Sehnsucht nach Friedrich und die Sorge um ihn noch einiges grösser.
Die Skala stand nun auf DORTMUND
Ein lautes Rauschen war nun zu vernehmen und im Endeffekt wusste sie gar nicht, wo
Er nun stationiert war. Die Post kam schleppend oder gar nicht mehr in Köln an.
Wenn sie dann mal kam, waren es meist schlechte Nachrichten.
Ihr Bruder galt an der Ostfront als vermisst gemeldet und Vati war auf einem der grauen Wölfe im Atlantik unterwegs. Auch dort waren die Einsätze schwieriger und verlustreicher geworden. „Frieda, iss doch endlich mal was“, sagte ihre Mutter „Noch ist was da !“
„Ja, Mutter, gleich, ich muss nur noch mal den Rundfunk nach Friedrich abhören.“
Jetzt stand die Skala auf Köln: Dem monotonen Rauschen folgte ein lautes Krachen
Aus dem Lautsprecher. Eine grelle Stimme war zu hören.
„Feindlich Bomberverbände im Anflug.“ „Schutzräume sind aufzusuchen“
Frieda begann zu zittern und als sie mit Tränen in den Augen auf ihre Mutter zuging, wusste Sie schon längst Bescheid. Die Sirenen ertönten und sie gingen mal wieder in das dunkle Gewölbe unterhalb ihres Wohnhauses. Der Luftschutz-Wart verschloss die stählerne Tür
Und schon bald fielen die ersten Bomben. Dicht aneinander gekauert sassen die Frauen, Greise und Kinder im spärlich beleuchteteten Raum. Die Kinder sangen Lieder,
die sie im Unterricht gelernt hatten und die Greise finden an zu beten.
Frieda legte die Hände an ihre Ohren und schloss ihre Augen.
Sie träumte vom Sonnenuntergang am Rheinufer mit Friedrich und der wunderbaren Sicht auf den Kölner Dom. Wenn man fest an etwas glaubt, dann wird es sicherlich wahr, dachte sie.
Nach drei Stunden war der Angriff vorüber und sie musste nach draussen gehen um
Die zahlreichen Verletzten zu versorgen. Sie wusste schon längst nicht mehr, wie viel
Leid sie noch mit ansehen konnte, ohne daran zu zerbrechen.
Der Gedanke an sich selbst kam ihr jedoch zu letzt, denn sie wollte und musste für diese armen Menschen da sein und ihnen mit aller Kraft und Kenntnis die sie besass, helfen.
Nach 16 Stunden Dienst fiel sie in Ohnmacht und ihre Rotkreuz-Bluse war rot wie die Schürze eines Schlachters.
Friedrich wurde in den Besprechungsraum des JG 3 gerufen.
Zahlreiche Jagdflieger fanden sich in dem kleinen Raum ein.
Es waren viele neue und junge Gesichter dabei und so mancher vertraute Kamerad fehlte.
Oberst Grünwald richtete das Wort an seine Männer:
„Willkommen beim JG3“
„Es freut mich, die Neuzugänge der Fliegerschule Stölln begrüssen zu dürfen.“
„Sie werden schon bald in den Reihen ihrer erfahrenen Kameraden zu der Gelegenheit kommen, ihr Können unter Beweis zu stellen.“
„Werte Kameraden, wir haben uns am gestrigen Tage ein heftiges Gefecht mit
Der amerikanischen Luftwaffe geliefert, die in grosser Zahl über dem Reichsgebiet
Zum Duell mit unseren Jagdgeschwadern antrat.
Da dieser Angriff auch unseren Flugplatz traf, müssen wir nun neue Kräfte hinzuführen, um erneut einsatzfähig zu sein.
In diesem Moment ist schon ein Transport mit neuem Material und Arbeitskräften auf dem Weg hierhin. Ich darf nun die Geschwaderführer bitten, ihre Kenntnisse an die neuen Kameraden weiterzugeben, denn wenn sie erstmal an ihrer Seite fliegen, wird keine Zeit mehr für Fragen und Antworten sein. Führt diese Gespräche also jetzt, solange wir auf den Konvoi warten.“
Friedrich nahm sich einige neue Kameraden zur Seite, doch er war voller Trauer um Heinrich,
der seit gestern vermisst wurde. Sein Leitwerk war das einzige, was von der ME 109 übrig blieb. Ein Lorberkranz mit einer 50 war darauf zu sehen und an diesem Tage sollten es 53 Luftsiege werden. Der Acker brannte wie eine Flammenhölle, als das Kerosin in Brand geriet.
Der Sitz war jedoch leer und die Glaskanzel fehlt. Also war noch Hoffnung, mit ihm den
153. Einsatztag zu feiern. Anhand kleiner Modelle erklärte er den jungen Piloten
Die Schwierigkeit eines Angriffes auf einen gepanzerten Bomber mit ausreichender
Rundum-Bewaffnung. Er zeigte aber auch die Stärken der ME-109 auf und verwies auf die
Schlagkraft der 30mm- Kanone…..